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Politik: Dresden – eine Flut wie nie zuvor

Experten erwarten höchsten Elbe-Pegel seit Beginn der Aufzeichnungen / Zehntausende auf der Flucht

Dresden/Berlin (Tsp). Die Hochwasser in Ostdeutschland übertreffen alles bisher Gekannte: In Dresden überschritt die Elbflut am Freitag deutlich die Neun-Meter-Marke und erreichte damit einen historischen Höchststand. „Wir müssen mit einem Wasserpegel bis 9 Meter 60 rechnen“, sagte Michael Kinze, Präsident des Landesamtes für Umwelt und Geologie in Dresden, dem Tagesspiegel. Das wäre der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 500 Jahren. Die Altstadt mit Semper-Oper und Zwinger stand unter Wasser. 30 000 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, Teile der Stadt waren ohne Strom und Telefon.

„Wenn unsere Prognosen stimmen, wird das Maximum am Samstagmorgen erreicht“, sagte Kinze. Er sieht Ursachen für den nie da gewesenen Wasserstand der Elbe unter anderem in der starken Versiegelung der Böden nach der Wende und dem Mangel an Rückhalteflächen längs des Flusses. „Das verschärft die Lage ganz gewaltig.“ Die alte Höchstmarke von 8 Metern 77 stammte aus dem Jahr 1845. Alle Elbbrücken wurden für den Autoverkehr gesperrt.

Sachsens Kulturminister Matthias Rössler (CDU) schätzte, dass für die Beseitigung aller Schäden bis zu 2,5 Milliarden Euro notwendig sind. Bayerns Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) sprach bei einem Besuch in Dresden mit Blick auf die notwendigen Hilfsleistungen von einer deutschlandweiten Aufgabe. Es müsse jetzt deutlich gemacht werden, „wir sind ein Land, wir sind ein Volk“. Die Bundesregierung überwies derweil die ersten 50 Millionen Euro als Soforthilfe für die Hochwasser-Opfer in ganz Deutschland. Mehr als 4,2 Millionen Menschen sind nach amtlichen Schätzungen von der Flutkatastrophe in Deutschland betroffen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lud die Regierungschefs und Außenminister Österreichs, Tschechiens und der Slowakei sowie EU-Kommissionspräsident Romano Prodi für Sonntag zu einem „Gipfel Hochwasserhilfe" ein.

In Bitterfeld in Sachsen-Anhalt versuchten die Einsatzkräfte weiter, die drohende Überflutung der Stadt abzuwenden. Das Wasser sollte mit einem Durchbruch zwischen dem voll gelaufenen Goitzsche-See und dem leer stehenden Tagebau Rösa abgeleitet werden. Sechs von zehn Stadtteilen wurden vorsorglich evakuiert. Auch in Dessau, wo die Mulde in die Elbe mündet, stieg der Pegel weiter. Hunderte Freiwillige arbeiteten fieberhaft daran, den Deich zu verstärken. Kulturgüter aus dem Bauhaus-Gebäude wurden in Sicherheit gebracht. In Magdeburg verließen bereits zahlreiche Menschen ihre Wohnungen. Fast alle der rund 5300 Einwohner im brandenburgischen Mühlberg verließen den Ort. Nach Angaben von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) erreichte der Pegel der Elbe dort am Freitag die Marke von 8,70 Meter. Der Deich werde das Wasser wahrscheinlich nur bis zum Pegel von neun Metern halten, sagte Schönbohm.

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