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Horst Seehofer

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Update

Dritte Sondierungsrunde zwischen CDU und SPD: Seehofer könnte Mindestlohn von 8,50 Euro akzeptieren

An diesem Donnerstag fällt die Entscheidung, ob es zwischen CDU und SPD zu Koalitionsverhandlungen kommt. In der Frage des Mindestlohns geht CSU-Chef Seehofer auf die Sozialdemokraten zu, fordert aber Gegenleistungen.

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Nach dem vorläufigen Aus für Schwarz- Grün erwarten Union und SPD äußerst schwierige Verhandlungen in der entscheidenden Sondierungsrunde am Donnerstagnachmittag. Besonders in der Frage des Mindestlohns werden . wichtige Weichenstellungen erwartet. Danach will die SPD-Spitze entscheiden, ob sie dem Parteikonvent am Sonntag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen soll. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte von dem Treffen „Bewegung“ in bisherigen Streitpunkten.

Um der SPD eine Entscheidung leichter zu machen, signalisierte CSU-Chef Horst Seehofer Entgegenkommen beim Mindestlohn und bei einer doppelten Staatsbürgerschaft. Nach der Absage der Grünen gilt eine große Koalition als wahrscheinlichste Variante - die SPD stellte aber wiederholt klar, dass es keinen Automatismus gebe.

Kommt ein Mindestlohn von 8,50 Euro?

Seehofer erklärte sich bereit, den von der SPD geforderten Mindestlohn von 8,50 Euro zu akzeptieren, falls auch die Union in den heutigen Gesprächen entscheidende Erfolge erziele. „Für mich ist alles überragend: keine Steuererhöhungen und keine neuen Schulden“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe mahnte jedoch, der Ort für Kompromisse seien nicht die Sondierungsgespräche, sondern die Koalitionsverhandlungen. „Es ist Aufgabe der jeweiligen Parteiführung, in der eigenen Partei für Vertrauen in diese Verhandlungen zu werben“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Seehofer hielt dem entgegen, es sei offensichtlich, dass die SPD schon vor der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen einen Erfolg brauche, den sie ihren Mitgliedern präsentieren könne. „Deshalb muss man nach einem Weg suchen, der die Einführung eines Mindestlohnes gewährleistet, aber nicht Arbeitsplätze kostet.“ Die SPD beharrt auf Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro in Ost und West.

Merkel warnt vor zu hohem Mindestlohn

CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel warnte erneut, zu hohe Mindestlöhne könnten Stellen vernichten. Dies sieht die Wirtschaft genauso: Der scheidende Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt rief Union und SPD in der „Rheinischen Post“ dazu auf, zügig eine neue Regierung zu bilden. Die Union dürfe aber der SPD-Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn nicht nachgeben. Er verwies auf eine Studie des Münchner Ifo-Instituts, das 1,2 Millionen Arbeitsplätze durch einen Mindestlohn von 8,50 Euro gefährdet sieht.

Kommt die Union der SPD auch bei der doppelten Staatsbürgerschaft entgegen?

Der bayerische Ministerpräsident Seehofer hat nach Informationen der Zeitung in den Sondierungen mit den Grünen offenbar auch ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik und bei der Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft für Ausländer signalisiert. Nachdem CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich Argumente gegen den „Doppelpass“ erläutert hatte, habe Seehofer nach Angaben von Teilnehmern erklärt: „Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe hier meine Gesprächsbereitschaft namens der gesamten CSU mitgeteilt.“ Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sagte der „Berliner Zeitung“, ob die SPD eine Einladung zu offiziellen Koalitionsverhandlungen annehme, hänge allein von den Inhalten ab. „Da muss die Kanzlerin die Voraussetzungen schaffen.“ Kommt es zu Verhandlungen und einem Koalitionsvertrag, sollen über diesen am Ende alle 470 000 SPD-Mitglieder abstimmen.

SPD-Arbeitnehmerflügel offen für rot-rot-grüne Sondierungen

Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, zeigte sich indes offen für Sondierungen über Rot-Rot-Grün. Barthel sagte der „Bild“-Zeitung: „Wenn die Union der SPD in Fragen wie Rente und Neuordnung auf dem Arbeitsmarkt nicht entgegenkommt, muss in der Partei über alle möglichen Konstellationen neu nachgedacht werden. Dazu zählen auch Sondierungen mit Grünen und Linken.“

Unionspolitiker mahnten, die Sozialdemokraten sollten sich als letzter verbliebener Verhandlungspartner der Union nun nicht zu stark fühlen. CDU-Parteivize Thomas Strobl warnte die SPD davor, wegen des Fehlens einer Koalitionsoption für die Union zu überreizen. „Das ist jetzt eine harte Nuss“, sagte er.

SPD-Generalsekretärin Nahles sagte, man werde sich in der abschließenden Runde auf strittige „Knackpunkte“ konzentrieren – dabei sehe sie CDU und CSU unter Zugzwang. Merkel brauche „die Stimmen einer weiteren Partei, um Kanzlerin zu bleiben“.

Auf Widerstand stießen in der Sondierungsrunde am vergangenen Montag auch die SPD-Forderungen nach Steuererhöhungen zur Finanzierung von Bildung, Infrastruktur und Kommunen und nach Abschaffung des Betreuungsgeldes. Die Union hat grundsätzlich Zusagen vor Ende der Koalitionsverhandlungen ausgeschlossen. Vor Beginn der abschließenden Runde gab es deshalb keine Hinweise darauf, mit welchem Ergebnis Gabriel die 200 Delegierten des Parteikonvents überzeugen könnte.

NRW-SPD bleibt skeptisch

Horst Seehofer
CSU-Chef Horst Seehofer signalisiert der SPD Entgegenkommen in der Frage des Mindestlohns.

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Norbert Römer: „Es ist nicht nur der Mindestlohn, der uns trennt“

Die NRW-SPD machte unterdessen deutlich, dass sie nicht mit weitgehenden Zugeständnissen der Union rechnet. „Es ist nicht nur der Mindestlohn, der uns trennt“, sagte Fraktionschef Norbert Römer dem Tagesspiegel und verwies auf zahlreiche andere offene Streitpunkte. „Wir brauchen zum Beispiel eine seriöse Finanzierung der verschiedenen Zukunftsaufgaben“, verlangt der Vertraute von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: „Aber die Kanzlerin versucht bisher, wie in der Vergangenheit, im Ungefähren zu bleiben, das reicht nicht.“

Kraft hatte die Parteigremien intern über den Stand der Berliner Verhandlungen informiert. „Wir als Verhandlungsgruppe sind nicht sicher, ob es überhaupt zu Koalitionsverhandlungen kommen kann“, sagte sie vor der Landtagsfraktion. Die Fronten seien „hart gegeneinander“.

Kanzlerin Angela Merkel sagte dagegen zu den Sondierungsgesprächen, es sei müßig, über Trennendes zu debattieren. Viel wichtiger sei nun der Blick nach vorne auf die Gemeinsamkeiten. Auf dem Delegiertenkongress der Gewerkschaft IG BCE in Hannover nannte Merkel einen stabilen Euro-Raum, eine bezahlbare Energiewende, weitere Föderalismusreformen und Strategien für eine alternde Gesellschaft als zentrale Aufgaben der neuen Bundesregierung.

Die schwarz-grünen Sondierungen waren in der Nacht zum Mittwoch gescheitert. Die Grünen begründeten dies mit dem Argument, es gebe in vielen Bereichen, etwa in der Energiepolitik, zu große Differenzen. CDU und CSU verwiesen auf die Grünen-Forderungen nach höheren Steuern. Beide Seiten betonten, die unerwartet positive Veränderung im politischen Klima habe Türen geöffnet, die sich so schnell nicht wieder schließen würden. Die Grünen schlossen die Wiederaufnahme von Gesprächen für den Fall nicht aus, dass die Verhandlungen der Union mit der SPD scheitern. (mit dpa)

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