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Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) unterhalten sich am 17.07.2015 während der Sondersitzung des Deutschen Bundestags zu Griechenland-Hilfspaketen in Berlin.

© dpa

Drittes Hilfspaket für Griechenland: Eigenverantwortung und Schuldenschnitt statt weiterer Rettungspakete

Wenn alle machen, was sie für falsch halten, kann es sich nur um Europa handeln. Das dritte Hilfspaket setzt die falsche Griechenlandpolitik fort – der Bundestag sollte sie beenden. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Moritz Schuller

Das griechische Parlament hat einem Reformpaket zugestimmt, das die Bevölkerung des Landes kurz zuvor mit großem Pathos abgelehnt hat. Warum sollte der Bundestag am heutigen Mittwoch also nicht einem Hilfspaket zustimmen, das der deutsche Finanzminister vor Kurzem noch für falsch hielt? Wenn alle machen, was sie für falsch halten, kann es sich nur um Europa handeln.

In den vergangenen fünf Jahren ist es nicht gelungen, Einigkeit darüber herzustellen, wie Griechenland zu helfen oder gar zu retten ist. Der bisherige Weg hat die politische Autorität Europas beschädigt und die ökonomische Lage in Griechenland, um es vorsichtig zu formulieren, kaum verbessert. Jeder weitere Schritt sollte deshalb ein neues Ziel haben. Es sollte darum gehen, die politische Handlungsfähigkeit wiederherzustellen und die immer weiter gestiegenen Schulden Griechenlands wieder tragbar zu machen. Was bedeutet: Eigenverantwortung und Schuldenschnitt statt weiterer Rettungspakete. Europa wird Griechenland nicht von außen – gegen den ausdrücklichen Willen des Landes – reformieren können, die Griechen müssen es selbst tun. Das können sie aber nicht mit diesen Schulden.

Grexit auf Zeit

Die vermeintliche Rettungspolitik hat Europa gezwungen, Regeln zu brechen, Kosten und Einschnitte zu verschweigen und Versprechungen zu machen, die niemand wird halten können. Sie zwingt den griechischen Premier dazu, Reformen umzusetzen, die er für falsch hält; Zusagen über die Verkleinerung des Primärdefizits zu machen, obwohl das Land in einer Rezession steckt; und einem Privatisierungsfonds zuzustimmen, der niemals die hohe Milliardensumme einbringen kann, die er auf dem Papier verspricht.

Umgekehrt zwingt sie die deutsche Regierung, einen Schuldenschnitt zu organisieren, der so aber nicht heißen darf; Versprechungen über den Internationalen Währungsfonds zu machen, die sie selbst nicht einlösen kann; oder den ESM zu strapazieren, obwohl der nur eingesetzt werden darf, wenn die Stabilität der gesamten Eurozone in Gefahr ist. Immer wieder geht es darum, die Kosten zu verschleiern. Noch bevor der Bundestag über die 86 Milliarden Euro abstimmt, gibt es bereits Berichte, dass die Summe nicht reichen wird. Solche politischen und ökonomischen Luftbuchungen zerstören jedes Vertrauen.

Vor vier Wochen noch plädierte Wolfgang Schäuble für einen „Grexit“ auf Zeit. Es war eine gute Idee, weil mit ihr beides möglich gewesen wäre, größere griechische Eigenverantwortung und ein Schuldenschnitt – ohne dass der symbolisch so wichtige Zusammenhalt Europas infrage gestellt worden wäre. Denn ein Schuldenschnitt, argumentiert Schäuble, ist mit der Mitgliedschaft in der Währungsunion nicht vereinbar.

Nun plädiert Schäuble merkwürdigerweise dafür, den erfolglosen und destruktiven Weg der Vergangenheit fortzusetzen. Welche Griechenlandpolitik der Finanzminister für richtig hält, ist also leider unklar. Gleichzeitig hat er den Abgeordneten deutlich gemacht, dass es sehr wohl eine Alternative gibt. Sie sollten deshalb gegen ein Hilfspaket stimmen, das weiter in die falsche Richtung führt.

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