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Der Himmel über Kandahar. Dass bei den Drohneneinsätzen in der Vergangenheit auch Zivilisten starben, sei zutiefst bedauerlich, hieß es im Weißen Haus.

© dapd

Drohneneinsätze der USA: Tod aus der Luft

Sie sollen mutmaßliche Terroristen gezielt töten können: unbemannte Drohnen der US-Regierung. Die erklärt nun erstmals, wann und wie genau die Flugkörper eingesetzt werden.

US-Präsident Barack Obama ist am Dienstagabend zu einem nicht angekündigten Besuch in Afghanistan eingetroffen. Obama landete auf der US-Luftwaffenbasis Bagram. Obama hat mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai einen Vertrag über die strategische Zusammenarbeit nach dem geplanten Abzug der US-Armee vom Hindukusch unterzeichnet. Von der Luftwaffenbasis aus wollte sich Obama dann in der Nacht mit einer Rede an die amerikanische Bevölkerung richten, die damit im US-Fernsehen zur besten Sendezeit am Dienstagabend live übertragen werden sollte.

Es ist Obamas dritter Besuch in Afghanistan seit seinem Amtsantritt Anfang 2009. Die Reise an den Hindukusch kommt zum ersten Jahrestag der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden im Nachbarland Pakistan durch ein Spezialkommando der US-Armee.

Direkt vor dem Jahrestag hat das Weiße Haus erstmals nähere Auskunft zu den geheimnisumwitterten Operationen gegeben, bei denen auf mehreren Kontinenten Drohnen gegen das Terrornetzwerk eingesetzt werden. Präsident Barack Obamas Berater für die Terrorabwehr, John Brennan, erläuterte am Montag die Leitlinien der Regierung, unter welchen Bedingungen gezielte Tötungen mutmaßlicher Topterroristen genehmigt werden und welche Vorkehrungen getroffen werden, um zu verhindern, dass Zivilisten sterben.

„Unter voller Wahrung des Rechts – und mit dem Ziel, Terrorangriffe auf die USA zu verhindern sowie die Leben von Amerikanern zu retten – ordnet die US-Regierung gezielte Schläge gegen bestimmte Al-Qaida-Terroristen an und benutzt dafür manchmal ferngesteuerte Flugkörper, die man öffentlich häufig Drohnen nennt“, sagte Brennan in Washington. Solche Operationen „außerhalb des heißen Kriegsgebiets in Afghanistan“ würden weder leichtfertig noch zufällig eingeleitet.

Sie genehmigten die „Operation gegen eine Person“ nur, wenn sie „eine besondere Gefahr“ darstelle. Das gelte, zum Beispiel, für Kommandeure eines geplanten Anschlags gegen US-Interessen und Personen, die für einen solchen Anschlag trainieren, oder Spezialisten, deren besondere Fähigkeiten für den geplanten Anschlag von Bedeutung seien. Es reiche nicht aus, dass eine verdächtige Person ein einfaches Mitglied von Al Qaida oder einer verbündeten Organisation sei.

Erstes Ziel der USA sei es, solche Personen gefangen zu nehmen, sagte Brennan. Man gebe Hinweise an ausländische Regierungen, wo sie diese Menschen festnehmen könnten. Angriffe mit Drohnen würden nur erlaubt, wenn die Festnahme in der Praxis nicht aussichtsreich sei.

Unter Obama hat die Zahl der Drohnenangriffe deutlich zugenommen

Laut Brennan trifft die US-Regierung Vorkehrungen, um die Tötung Unbeteiligter zu vermeiden. „Wir genehmigen einen solchen Schlag nur, wenn wir in hohem Maße darauf vertrauen können, dass unschuldige Zivilisten weder verletzt noch getötet werden.“ Er gestand ein, dass dies jedoch mehrfach vorgekommen sei. „Das schmerzt uns sehr, und wir bedauern es zutiefst – so wie bei jedem unschuldigen Opfer in einem Krieg.“

Genauso aufschlussreich wie Brennans Rede sei, was er alles nicht gesagt habe, analysiert die „Washington Post“. Er verschweige, wie viele Drohnenangriffe die Regierung Obama angeordnet habe, wie viele Terroristen und wie viele Zivilisten dabei getötet wurden. Er sage nicht, in welchen Ländern die USA gezielte Tötungen ausgeführt hätten. Nach Darstellung amerikanischer Medien haben die Drohnenangriffe unter Obama im Vergleich zur Praxis unter seinem Vorgänger George W. Bush drastisch zugenommen. Allein im Jemen habe es seit Dezember 2009 insgesamt 29 Drohnenangriffe gegeben, die Hälfte davon in den vergangenen zwei Monaten, schreibt die „New York Times“.

Die neue Informationspolitik ist laut US-Medien auch ein Versuch, Klagen zu begegnen, dass die Regierung insbesondere im Fall von Einsätzen zur gezielten Tötung amerikanischer Staatsbürger die Beweise für deren Verwicklung in terroristische Aktivitäten gegen die USA offenlegen müsse. Unter anderem haben die „New York Times“ und die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) unter Berufung auf den „Freedom of Information Act“ Gerichtsverfahren angestrengt. Die ACLU argumentiert, es sei die höchste Aufgabe jeder Regierung, Leben und Sicherheit ihrer Bürger zu schützen. Wenn sie zu dem Schluss komme, dass einzelne Bürger als Kombattanten getötet werden dürfen, müsse sie die Beweise dafür offenlegen oder von einer gerichtsähnlichen Instanz, die unabhängig von der Regierung ist, überprüfen lassen. Das sei eine unverzichtbare Abgrenzung gegenüber der Ermordung unliebsamer Oppositioneller, wie sie in Diktaturen vorkomme.

Solange vor allem Terrorverdächtige mit ausländischem Pass Ziele von Drohnenangriffen waren, hatte es wenig Debatten in den USA gegeben. Das änderte sich, als 2011 drei Al-Qaida-Mitglieder mit US-Staatsbürgerschaft gezielt getötet wurden. Auch zwei mutmaßliche Terroristen mit deutschem Pass sind durch Drohnen der USA getötet worden. mit AFP

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