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Politik: Drückende Erblast

Nach seinem Wahlsieg in Griechenland erwarten den künftigen Premier Karamanlis viele ungelöste Probleme

Die Plakate hängen noch. Sie zeigen einen lächelnden Georgios Papandreou. „Nike“ steht da in großen Buchstaben. Aber die Siegesgöttin schenkte nicht Papandreou ihre Gunst, sondern Kostas Karamanlis, dem Spitzenkandidaten der Konservativen. Oder? Papandreou strahlt, als er am späten Sonntagabend seine Wohnung verlässt, um im Pressezentrum seine Niederlage bei den griechischen Parlamentswahlen einzuräumen. Lachend schüttelt Papandreou Hände, winkt den Menschen zu, lässt sich umarmen und küssen, als sei er der Gewinner dieser Wahl. So gelöst hat ein Verlierer selten gewirkt.

Noch am Tag zuvor hatte sich Papandreou ganz siegesgewiss gegeben. „Wir werden klar gewinnen“, versicherte er den Journalisten. Aber manche glauben zu wissen, dass der erst vor wenigen Wochen zum neuen Parteivorsitzenden gewählte Papandreou gar nicht so dringend gewinnen wollte. Denn welch ein Erbe hätte er dann antreten müssen: die Staatsfinanzen sind in keinem guten Zustand, die Defizite drohen außer Kontrolle zu geraten. Papandreou kann froh sein, dass er seine in den vergangenen Wochen gegebenen Wahlversprechen nun nicht einlösen muss.

Die Rentenreform wartet

Allein die zugesagten Rentenerhöhungen hätten mindestens 2,5 Milliarden Euro gekostet. Wo das Geld herkommen sollte, hat der Kandidat nie detailliert vorgerechnet. Jahrelang aufgeschobene Reformen müssen nun endlich angepackt werden, wenn Griechenland nicht den Anschluss verlieren will. Es gilt, die Rentenfinanzen zu sanieren und das rigide Arbeitsrecht zu lockern. Die absehbaren Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften kann Papandreou nun den Konservativen überlassen. Aufatmen dürfte er auch, weil er die verbleibenden Monate bis zu den Olympischen Spielen auf der Oppositionsbank verbringen darf. Die meisten Bauvorhaben sind weit im Rückstand. Die Verantwortung für die Verzögerungen liegt vor allem beim bisherigen Kulturminister Evangelos Venizelos. Ausbaden muss das Desaster die neue Regierung.

Leere Kassen

Im Taumel des Wahlsieges scheint der Wahlsieger und Vorsitzende der „Nea Dimokratia“ (ND), Kostas Karamanlis, zu ahnen, dass auch der Stuhl des Ministerpräsidenten, auf dem er am Mittwoch Platz nehmen wird, nicht weich gepolstert ist. Er weiß, dass Konflikte auf ihn zukommen, auch mit den eigenen Wählern. Denn viel zu verteilen gibt es angesichts der leeren Kassen nicht. Und wenn die maroden Rentenfinanzen saniert werden sollen, müssen die Griechen länger arbeiten.

Karamanlis wird sich an das Schicksal des letzten konservativen Premiers Kostas Mitsotakis erinnern. Der erzielte 1990 eines der besten Wahlergebnisse, das die ND je erreichte, machte sich aber mit seiner Sparpolitik, einer unpopulären Rentenreform und Privatisierungen von Staatsbetrieben bei vielen Wählern unbeliebt. Schon nach drei Jahren kehrten die Sozialisten an die Macht zurück.

Karamanlis muss sich vielleicht schon viel früher erneut dem Urteil der Wähler stellen. Denn im kommenden Jahr muss das griechische Parlament einen neuen Staatspräsidenten wählen. Kommt die erforderliche Dreifünftelmehrheit nicht zustande, muss das Parlament aufgelöst und eine Neuwahl angesetzt werden.

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