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Politik: „Du hast mich da reingeritten“

Zeitung berichtet über Zerwürfnis zwischen Ägyptens Ex-Präsident Mubarak und seinem Sohn Gamal

Der Gesundheitszustand von Hosni Mubarak hat sich nach seinem vom Volk erzwungenen Sturz offenbar am Wochenende rapide verschlechtert. Wie die Zeitung „Al-Masry al-Youm“ berichtete, fiel der 82-jährige ehemalige ägyptische Staatschef in den vergangenen zwei Tagen mehrmals ins Koma und leidet unter schweren Depressionen. Der Ex-Präsident weigere sich, seine Medikamente einzunehmen, sich von Ärzten untersuchen zu lassen oder sich in ein Krankenhaus überweisen zu lassen – sei es im Inland oder im Ausland. „Er ist möglicherweise in einem schlechten Zustand“, bestätigte erstmals offiziell auch Ägyptens Botschafter in den USA, Sameh Shoukry, die Berichte über die Gesundheit des Ex-Präsidenten.

Der amtierende Premierminister Ahmed Shafiq war am Wochenende Gerüchten entgegengetreten, Mubarak und seine Familie hätten sich nach Bahrain oder in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt. Nach seinen Worten hält sich der Ex-Präsident nach wie vor in seiner Residenz in Scharm El Scheich auf. Die Zeitung „Al-Masry al-Youm“ berichtete zudem, es sei zwischen Mubarak, seiner Frau Suzanne und seinem Sohn Gamal zu hitzigen Wortgefechten gekommen. Die Ehe der beiden gilt seit langem als zerrüttet. Mubarak hielt seiner Frau und seinem Sohn vor, seinen Sturz durch ihre falschen Ratschläge mitverursacht zu haben. „Du hast mich da reingeritten, du und deine Mutter“, soll der Ex-Präsident seinen Sohn angeherrscht haben. „Ihr habt meinen Platz in der Geschichte Ägyptens ruiniert.“ Nach Angaben aus Kreisen des Regimes war Mubarak bereits am Tag vor seinem Sturz zweimal in Ohnmacht gefallen. Aus diesem Grund hatte sich am vergangenen Donnerstag offenbar seine angekündigte dritte Rede an die Nation um mehr als zwei Stunden verzögert. Eigentlich hatte Mubarak bereits zu diesem Zeitpunkt seinen Rücktritt verkünden sollen, so war es offenbar mit der Militärführung abgestimmt. Sohn Gamal aber soll in den dramatischen Stunden zuvor die Ansprache seines Vaters mehrfach umgeschrieben haben. Am Ende beschwor er ihn, nicht zurückzutreten, es lasse sich noch ein Ausweg aus dem Durcheinander finden.

Und so machte sein Vater dann beim spätabendlichen Fernsehauftritt einen letzten verzweifelten Versuch, seinen Thron zu retten. Am Tag darauf ließ die Armee die Demonstranten dann erstmals zum Präsidentenpalast in Heliopolis und zum Fernsehgebäude an der Nil-Corniche vordringen. Dadurch erhöhte sie den Druck auf die Präsidentenfamilie so stark, dass Mubarak schließlich am Freitag endlich aufgab. Um 17 Uhr ließ er durch Vize-Präsident Omar Suleiman seinen Rücktritt erklären.

Drei Tage nach dem Sturz Mubaraks nahm der Oberste Militärrat in Ägypten einen Dialog mit Internet-Aktivisten über die Zukunft des Landes auf. Der Rat habe eine Volksabstimmung über die neue Verfassung binnen zwei Monaten zugesagt, teilten der ägyptische Google-Manager Wael Ghonim und der Blogger Amr Salama am Montag nach dem Gespräch mit.

Zudem bat Ägypten inzwischen offenbar um eine Sperrung von europäischen Konten Mubaraks. Diplomaten in Brüssel berichteten, es habe mehrere Anfragen an EU-Länder gegeben. Großbritannien prüft, ob die Konten hochrangiger Vertreter des Mubarak-Regimes eingefroren werden können. Die Schweiz hat Mubaraks Konten schon gesperrt.  mit AFP/dpa

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