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Politik: Düsseldorfer SPD-Fraktionschef war Stasi-Quelle - Abgeschöpft oder wissentlich mitgearbeitet?

Der Fraktionsvorsitzende der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Manfred Dammeyer, ist offensichtlich von der Stasi abgeschöpft worden. Wie aus Akten der Gauck-Behörde hervorgeht, wurde er von der Hauptabteilung Aufklärung unter dem Decknamen "Polo" als sogenannte Quelle geführt.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Manfred Dammeyer, ist offensichtlich von der Stasi abgeschöpft worden. Wie aus Akten der Gauck-Behörde hervorgeht, wurde er von der Hauptabteilung Aufklärung unter dem Decknamen "Polo" als sogenannte Quelle geführt. Bislang hatte Dammeyer darauf verwiesen, dass die Gauck-Behörde kein belastendes Material über ihn habe: "Ich habe eine extrem saubere Weste". Dammeyer war gestern Abend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Aus Abhörprotokollen, die dem Tagesspiegel vorliegen und die als "Streng Geheim" gekennzeichnet sind, gehen Dammeyers Kontakte zu dem "Informellen Mitarbeiter" IM Fred Müller hervor, "Direktor des Hauses für journalistische Dienstleistungen". Noch ist unklar, ob Dammeyer wissentlich bei der Stasi mitgearbeitet hat oder unwissentlich abgeschöpft wurde.

Auf die Spur der Quelle "Polo" alias Dammeyer war die Gauck-Behörde jetzt zufällig gestoßen. Die Stasi hatte in Müllers Arbeitszimmer eine Wanze versteckt und die Lauschangriffe protokolliert. Demnach besprach der IM unter dem Datum "29.7. 1988" mit seinem Führungsoffizier Wohllebe ein geplantes Treffen mit "Polo": "...möglichst in Wohnung, Gaststätte ist nichts..."

Einen Tag später kam es zum Treffen mit "Polo": Nach dem Wortlaut der Protokolle schlug "Polo" dabei von sich aus den Wechsel an einen sicheren Ort vor, weil ein Dritter das Restaurant betreten hatte: "Wir fahren zu mir nach Hause..." Dort saß man dann ungestört "im Garten".

Erstaunt berichtet IM Müller: "Am Schluss fragt mich doch "Polo", wie mein Gespräch mit "Glücksmann" war... Er habe gehört, es sei sehr interessant gewesen". Hinter dem Decknamen "Glücksmann" verbirgt sich ein weiterer prominenter SPD-Politiker, der frühere Düsseldorfer Fraktionschef Friedhelm Farthmann. IM Müller antwortet launisch: "Da siehst du mal, wie das ist, wenn man Jägern helfen muss..." Eine Jagd ist Gegenstand eines Gesprächs zwischen IM Müller und "Glücksmann" in einer Notiz vom 20.2. 1989. Darin heisst es: "Mit "Glücksmann" gesprochen...25. bis 28. März Jagd... hat aber Angst wegen langer Wartezeiten".

Aus dem 35-seitigen Dokument ergibt sich, dass IM Müller 1977 mit der "Verdienstmedaille der NVA in Silber" ausgezeichnet wurde, weil er "bestrebt" gewesen sei, "die politisch operative Aufgabenstellung des MfS ... zu realisieren".

Chr. Amend, J. Schreiber

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