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Politik: Duisenbergs Rücktritt: EZB-Chef geht vorzeitig

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg, hat am Donnerstag für Mitte 2003 überraschend seinen Rücktritt erklärt. Als Grund nannte er sein Alter.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg, hat am Donnerstag für Mitte 2003 überraschend seinen Rücktritt erklärt. Als Grund nannte er sein Alter. Damit beendete er monatelange Spekulationen über seinen Verbleib im Amt. Frankreich hatte ihn in den vergangenen Monaten immer wieder zum Rücktritt gedrängt. Über die Nachfolge herrscht derzeit noch Unklarheit. Favorit ist der französische Notenbankchef Jean-Claude Trichet. Allerdings wird gegen ihn noch im Zusammenhang mit einem Bankenskandal ermittelt. Duisenberg sagte, er sei notfalls auch bereit, länger im Amt zu bleiben.

Duisenberg will sein Amt als oberster Euro-Währungshüter am 9. Juli 2003 niederlegen, dem Tag seines 68. Geburtstages. Damit geht er drei Jahre vor Ablauf seiner Präsidentschaft. "Ich möchte sagen, es reicht dann." Duisenberg hatte die Führung der EZB am 1. Juni 1998 übernommen. Seine wichtigsten Erfolge waren der Aufbau der Bank sowie die Einführung des Euro.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, die Rücktrittsankündigung von EZB-Präsident Wim Duisenberg sei eine "sehr persönliche Entscheidung". Sie werde keine Auswirkungen auf die Währung haben. Zur Nachfolge des Niederländers wollte sich Schröder nicht äußern. Darüber werde in den zuständigen Gremien zu reden sein.

Über einen vorzeitigen Rücktritt Duisenbergs hatte es wiederholt Spekulationen und Streit gegeben. Frankreich hatte zuletzt Ende Januar auf eine rasche Entscheidung gedrängt und verlangt, der Niederländer solle das Datum für seinen Abtritt noch vor dem EU-Gipfel Mitte März in Barcelona bekannt geben. Frankreich will seinen Notenbankpräsidenten Jean-Claude Trichet zum EZB-Präsidenten machen und beruft sich dabei auf eine Vereinbarung von 1998.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich damals darauf verständigt, dass der Niederländer seine achtjährige Amtszeit nicht voll ausschöpft. Konkrete Termine wurden jedoch nicht festgelegt. Kreise der Bundesregierung dementierten am Donnerstag, dass es eine Einigung auf den Franzosen Trichet als Nachfolger gebe.

Vorbehalte gegen Trichet gibt es, weil er durch einen Finanzskandal belastet ist. Dem 59-jährigen droht ein Prozess im Skandal um die ehemalige staatliche Großbank Crédit Lyonnais Anfang der neunziger Jahre. Eine Entscheidung über eine mögliche Anklage solle es bis März geben, verlautete am Donnerstag aus Pariser Justizkreisen. Als Notenbankchef hatte sich Trichet indes den Ruf eines strengen Währungshüters erworben. Als alternative Kandidaten werden Jean Lemierre, der Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, und der französische Wirtschafts- und Finanzminister Laurent Fabius genannt. Das Europaparlament sprach sich dagegen aus, einen Politiker zum EZB-Präsidenten zu machen, und unterstützte Trichet.

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