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Auf dem Klimagipfel in Durban geht es chaotisch zu. Die Forderungen der Demonstranten könnten enttäuscht werden - und der Gipfel ohne Ergebnis enden.

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Durban: Chaos beim Klimagipfel in Durban - Scheitern droht

Flüge müssen umgebucht werden, Sitzungen werden verschoben. Beim Klimagipfel in Durban ist der Zeitplan völlig aus den Fugen geraten.

Chaotische Zustände beim UN-Klimagipfel in Durban und der Widerstand der USA, Indiens und Chinas haben die Chancen auf eine Einigung in Südafrika sinken lassen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte am Samstag, eine Lösung sei noch möglich, doch die Bedingungen würden immer schwieriger. „Wir sind sehr, sehr spät dran“, sagte der Minister mit Blick auf das harte Ringen bei der schon um einen Tag verlängerten Klimakonferenz in der südafrikanischen Hafenstadt.

Viele Papiere zur Beratung zwischen den 193 Staaten waren sehr spät vorgelegt worden und wurden teilweise zurückgewiesen. Zudem sorgte die kompromisslose Haltung von rund 120 Staaten für mehr Klimaschutz für verhärtete Fronten. Stundenlang verhandelten die Staaten am Samstagnachmittag hinter verschlossenen Türen. „Es geht weiter“, sagte der deutsche Chefunterhändler Karsten Sach in einer kurzen Pause. Zuvor war auch über einen Abbruch der Konferenz spekuliert worden, die eigentlich bereits am Freitagabend enden sollte.

Die EU dringt massiv auf einen Fahrplan für ein rechtlich verbindliches Klimaabkommen bis 2015. Besonders die USA, China und Indien wollen das nicht mittragen. Sie setzen bisher auf freiwillige Ziele zur Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes.

Das Problem war am Samstag vor allem der große Zeitdruck. Auch Röttgen musste seinen Flug umbuchen. Viele Delegierte gerade aus ärmeren Ländern reisten aber schon ab, da sie nicht umbuchen konnten.

„Das ist die größte Ungerechtigkeit“, sagte Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser. „Die, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, mussten schon abreisen und die Entscheidungen fallen ohne sie.“ Kaiser forderte ein Intervenieren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). „Diese Verhandlungen drohen derzeit an den Profitinteressen der Öl- und Kohleindustrie zu scheitern, die im Hintergrund der Verhandlungen agieren“, sagte er. „Jetzt hilft nur noch ein Anruf Merkels bei US-Präsident Barack Obama, um die Verhandlungen zu retten.“ Möglich war weiterhin auch eine Vertagung der Konferenz auf kommendes Jahr. Bereits in der Nacht zu Samstag hatte auch die deutsche Delegation erneut bis 05.00 Uhr morgens verhandelt. Staaten wie Indien, China und die USA hätten an ihrer Position nichts geändert, sagte Röttgen am Samstag. Sie würden weiter einem Ergebnis im Weg stehen, „das sich orientiert an dem Zwei-Grad-Ziel“, sagte Röttgen.

Die EU fährt im Verbund mit rund 100 weiteren Staaten eine kompromisslose Strategie. Wenn die großen Blockierer sich nicht zu einem Fahrplan für ein rechtlich verbindliches Abkommen bis 2015 bekennen, drohen sie damit, den Klimagipfel platzen zu lassen. Dann stünde auch eine Fortführung des 2012 auslaufenden Kyoto-Prozesses bis zum Inkrafttreten eines Weltklimavertrages vor dem Aus. Zu dem Kyoto-Prozess bekennen sich aber ohnehin nur noch Staaten, die 15 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen ausmachen.

Der erste Vorschlag der südafrikanischen Konferenzpräsidentin für einen Weg zu einem erstmaligen Weltklimavertrag war von der EU und anderen Staaten verworfen worden, weil er ihnen zu schwache Ziele enthielt zur Bekämpfung der Erderwärmung. Der zweite Entwurf machte strengere Vorgaben, was Röttgen begrüßte. Bei Punkt 6 wird ein klares Bekenntnis zum Abschluss eines Weltklimavertrags bis spätestens 2015 abgegeben. Offen gelassen wird aber, wann er in Kraft treten soll.

Zudem wird von einem rechtlich verbindlichen Protokoll „oder einem anderen rechtlichen Instrument“ gesprochen. Bei letzterem fehlt aber das Wort „verbindlich“ - die Verpflichtung, bestimmte Minderungsziele beim CO2-Ausstoß zu erreichen, könnte so abgeschwächt werden. Unklar bleiben auch die Klimaschutzverpflichtungen bis 2015, also wie die Lücken bis zur Einigung auf einen Vertrag so gefüllt werden, dass die Treibhausgasausstöße nicht immer weiter steigen. Strittig ist auch, wie die Minderung der Ausstöße gemessen und verglichen werden soll.

„Da kommt es auf jedes Wort an“, sagte Greenpeace-Experte Kaiser.

Er lobte den neuen Entwurf. Es wäre gut, wenn der Text unverändert zur Abstimmung in das abschließende Plenum der Konferenz ginge. Das Plenum sollte ursprünglich am Freitag beginnen, aber auch am Samstagnachmittag war der Start nicht absehbar. „Dann könnte die Welt bei der Schlussabstimmung sehen, auf welcher Seite die EU, China und Präsident Obama am Ende stehen“, sagte Kaiser. Kaiser forderte, das Kyoto-Protokoll nur bis 2017 zu verlängern, um so den Druck zu erhöhen, dass ein Weltklimaabkommen 2018 in Kraft treten könnte.

Zu einer möglichen Vertagung des Klimagipfels und Fortsetzung etwa in Bonn, wo das UN-Klimasekretariat sitzt, wollte sich Röttgen nicht äußern. Klimaexperte Christoph Bals von Germanwatch sagte hingegen: „Ich schätze, dass die Uhr angehalten wird und man sich vertagt.“ (dpa)

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