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Politik: Durch den Hintereingang ans Totenbett

13 Tage lang war Paris die Hauptstadt Palästinas. Dann wurde es am frühen Donnerstagmorgen plötzlich unruhig vor den Absperrgittern des Militärhospitals Percy im Vorort Clamart.

13 Tage lang war Paris die Hauptstadt Palästinas. Dann wurde es am frühen Donnerstagmorgen plötzlich unruhig vor den Absperrgittern des Militärhospitals Percy im Vorort Clamart. Hunderte von Journalisten, die dort seit Tagen ausharrten und nach unzähligen Dementis auf die endgültige Bestätigung des Todes von Palästinenserführer Jassir Arafat warteten, rückten näher zusammen, richteten ihre Kameras und Mikrofone. Punkt fünf Uhr grelles Scheinwerferlicht auf dem nasskalten Vorplatz, wo der Chef des Krankenhauses ernst und feierlich verkündete: „Palästinenserpräsident Jassir Arafat ist heute, am 11. November 2004, um 3.30 Uhr gestorben.“ Kein Wort mehr, kein Wort weniger.

Als der längst vorbereitete Sarg für den PLO-Präsidenten in einer schwarzen Limousine um 6.15 Uhr in das Krankenhaus gebracht wurde, türmten sich vor dem Eingang des Hospitals bereits Blumengebinde und Kränze. Dann kam die Stunde von Staatspräsident Jacques Chirac, der nicht als erster französischer Politiker Arafat und seinem Volk offen Beistand gewährte. Der seinerzeitige Staatschef François Mitterrand war es gewesen, der 1982 als erster westlicher Politiker in der israelischen Knesset einen unabhängigen Palästinenserstaat forderte und im selben Jahr dem von Israel bedrohten Arafat half, Beirut zu verlassen. Durch einen Hintereingang des Krankenhauses begab sich Chirac am Donnerstag noch einmal an Arafats Sterbebett. Auch Chirac äußerte sich vor den wartenden Journalisten nur knapp. In Anwesenheit der Witwe Arafats versicherte er dem palästinensischen Volk die Freundschaft Frankreichs. Nach Ansicht von Diplomaten dürfte die Geste der Pariser Regierung dazu beitragen, nach Arafats Tod ein neues Kapitel im Nahostkonflikt aufzuschlagen und Frankreich einiges Gewicht bei der Lösung einräumen.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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