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© REUTERS

Politik: Dutzende Tote bei Anschlag in Pakistan

Zwei Selbstmordattentäter reißen vor einer Kirche Christen mit in den Tod Freilassung eines Taliban-Führers weckt in Kabul Hoffnung für Gespräche.

Neu-Delhi - Es war der schlimmste Anschlag auf Pakistans christliche Minderheit seit Jahren, vermutlich sogar Jahrzehnten. Bei einem Terrorattentat auf die historische Allerheiligen-Kirche in der Stadt Peschawar im unruhigen Nordwesten des Landes kamen am Sonntag mehr als 60 Menschen ums Leben. Vermutlich wird die Zahl noch steigen.

Ein oder zwei Selbstmordattentäter hatten sich in die Luft gesprengt, als sich nach der Messe 600 bis 700 Gläubige vor der Kirche versammelten, um ein Gratisessen zu erhalten. „Eine riesige Explosion warf mich zu Boden“, erzählte der 50-jährige Lehrer Nazir Khan der Nachrichtenagentur AFP. „Als ich mein Bewusstsein wiedererlangte, gab es eine zweite Explosion. Überall waren blutende Menschen.“

Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Premierminister Nawaz Sharif verurteilte das Attentat. „Terroristen haben keine Religion und unschuldige Menschen zu töten, ist gegen die Lehren des Islam und aller anderen Religionen.“ Er erklärte seine Solidarität mit den Opfern. Auch die größte Vereinigung islamischer Gelehrter, Pakistans Ulema-Rat, erklärte, sie stehe Seite an Seite „mit unseren christlichen Brüdern in dieser Tragödie“. Christen stellen nur etwa 1,6 Prozent der 180 Millionen Pakistaner. Wie Schiiten, Ahmadis, Hindus und andere religiöse Minderheiten erleben sie eine wachsende Verfolgung.

Sharif war erst im Mai an die Spitze des Atomstaates gewählt worden. Seitdem erschüttert das Land eine neue Terrorwelle, die möglicherweise darauf abzielt, seine Regierung zu destabilisieren. Sharif hatte angekündigt, er wolle Gespräche mit den pakistanischen Taliban beginnen, um den Terror zu beenden. Auch will er offenbar helfen, den Friedensprozess in Afghanistan voranzubringen.

Auf Drängen von Afghanistans Präsident Hamid Karsai ließ Pakistan nun Mullah Abdul Ghani Baradar, den früheren Vizechef der afghanischen Taliban, frei. In den vergangenen Monaten hatte Pakistan etwa 30 Taliban-Kämpfer aus der Haft entlassen. Doch vor allem die Freilassung von Baradar lag Karsai am Herzen. Baradar wird zugetraut, den Kontakt zu Taliban-Chef Mullah Omar herzustellen und so die stockenden Friedensgespräche in Gang zu bringen. Baradar wird dem eher moderaten Flügel der Militanten zugerechnet und soll ein enges Verhältnis zu Omar pflegen. Er war 2010 in Karatschi festgenommen worden. Die Zeit drängt. Der Westen will bis Ende 2014 den Großteil seiner Truppen aus Afghanistan abziehen. Damit das Land nicht in Gewalt versinkt, sucht Karsai nach einer dauerhaften Lösung am Verhandlungstisch.

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