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Politik: Ecuador streitet um Verfassung

Parlament seit Wochen handlungsunfähig

Caracas - Die Frage, über die 9,2 Millionen wahlberechtigte Ecuadorianer an diesem Sonntag zu entscheiden haben, lautet: Sind Sie für eine Verfassungsgebende Versammlung? Glaubt man den Umfragen, so wollen zwischen 60 und 80 Prozent mit „Ja“ stimmen. Das wäre ein wichtiger Etappensieg für Präsident Rafael Correa, der seit drei Monaten im Amt ist und die sogenannte „Constituyente“ zur Chefsache gemacht hat.

Correa geht es dabei um zwei Dinge: dem chronisch instabilen Land ein neues, politisches Fundament zu geben, und seine eigene Macht zu festigen. Der linke Wirtschaftsprofessor will vor allem nicht zur Geisel korrupter Oligarchen werden. Doch die Oberschicht will sich so einfach nicht geschlagen geben. Die Traditionsparteien, die im Kongress die Mehrheit haben, versuchten, das Referendum schon im Vorfeld zu blockieren. Das führte zu einem Schlagabtausch zwischen rechten Parlamentariern und den Obersten Wahlrichtern, die sich gegenseitig absetzten. Das Parlament ist seit Wochen arbeitsunfähig, ohne dass dies jedoch laut Correa ein institutionelles Problem darstelle. Auch in der Bevölkerung regt sich dagegen kaum Widerstand. Sie unterstützt mehrheitlich Correa und ist daran gewöhnt, dass die Politiker des Andenlandes Gesetze und demokratische Spielregeln nach Gusto auslegen. Ecuador hatte acht Präsidenten in den vergangenen zehn Jahren.

Verfassungsgebende Versammlungen sind bei den neuen Linksregierungen in Lateinamerika in Mode. Den Auftakt hatte Präsident Hugo Chavez in Venezuela gemacht, ihm folgte Evo Morales in Bolivien. Doch auch sie scheinen kein Allheilmittel für die strukturellen, politischen Probleme zu sein und bergen die Gefahr, dass autoritäre Staatschefs sie zum Ausbau ihrer Macht missbrauchen.

Ecuadors jetzige Verfassung ist gerade einmal neun Jahre alt. Die neue soll die Justiz entpolitisieren, die Dezentralisierung vorantreiben, die Autonomie der Zentralbank abschaffen, die staatliche Hoheit über die Bodenschätze sichern und eine partizipative Demokratie festschreiben. An der Dollarisierung will Correa entgegen seiner Wahlpropaganda jedoch vorübergehend festhalten – bis mittelfristig eine gemeinsame südamerikanische Währung geschaffen sei. Die Opposition und die Vereinigten Staaten sehen in dem 44-Jährigen einen autoritären, linkspopulistischen Gefolgsmann von Chavez. Correa hat bereits verkündet, den 2009 auslaufenden Vertrag für den militärischen US-Stützpunkt bei Manta nicht zu verlängern. Er gilt zudem als entschiedener Gegner eines Freihandelsabkommens mit den USA.

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