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Auf Halbmast: Die Flaggen vor dem Schloss Bellevue nach dem Tod von Altbundespräsident Roman Herzog.

© dpa/Michael Kappeler

Ehemaliger Bundespräsident: Spitzenpolitiker und Religionsvertreter würdigen Roman Herzog

Trauer um Roman Herzog: Er habe das Miteinander in der Gesellschaft geprägt und gestaltet, schreibt Bundespräsident Joachim Gauck.

Spitzenpolitiker und Religionsvertreter haben die Lebensleistung des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog gewürdigt. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts habe das Miteinander in der Gesellschaft geprägt und gestaltet, schrieb Bundespräsident Joachim Gauck an die Witwe Alexandra Freifrau von Berlichingen. Sein "vorwärtsstrebender Mut" habe sich mit einer "charmanten Skepsis" verbunden, er sei ein "freiheitsliebender kritischer Geist und Vordenker" gewesen. Herzog war von 1994 bis 1999 der siebte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, zuvor ab 1987 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Herzogs "eigenen unnachahmlichen Stil" und erinnerte daran, dass er immer wieder zu stetiger Weiterentwicklung des Landes gemahnt habe. Dabei sei er unprätentiös, humorvoll und durchaus selbstironisch gewesen. Herzogs "unverwechselbare kluge Stimme" und seine Fähigkeit, Probleme offen zu benennen und dabei Mut zu machen, "wird mir und wird uns allen fehlen", erklärte die Kanzlerin.

Steinmeier: Herzog war ein "geradliniger, ehrlicher und kluger Mensch"

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete den Verstorbenen als "geradlinigen, ehrlichen und klugen Menschen". Auch als Präsident des Bundesverfassungsgerichts habe Herzog immer "glaubwürdig für Grundrechte, den Rechtsstaat und Mitmenschlichkeit" gestanden, erklärte Steinmeier, den SPD und Union als Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Gauck vorschlagen wollen. SPD-Chef Sigmar Gabriel hob hervor, Herzog habe für einen Dialog zwischen den Religionen geworben und sich gegen jede Form von Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus eingesetzt.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, Herzog habe stets deutlich werden lassen, "dass sein Engagement, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen, in seinem Glauben wurzelte". Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, nannte den Protestanten Herzog einen "ermutigenden Menschen", der Hoffnung und Zuversicht vermittelt habe.

In das höchste Staatsamt war der am 5. April 1934 in Landshut geborene Herzog im Alter von 60 Jahren gewählt worden. Herzogs Kandidatur ging auf einen Vorschlag der CSU zurück, nachdem der zunächst von der CDU favorisierte sächsische Justizminister Steffen Heitmann wegen als reaktionär empfundener Ansichten in der öffentlichen Meinung durchgefallen war.

"Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen."

In Erinnerung blieb Herzog vielen Deutschen mit seiner sogenannten Ruck-Rede, die er am 26. April 1997 zur Neueröffnung des Hotels Adlon hielt und mit der er die Tradition der Berliner Reden der Bundespräsidenten begründete. Er sprach von einem "Gefühl der Lähmung" in der deutschen Gesellschaft und forderte Reformen auf allen Ebenen: "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen." Zudem führte Herzog als Bundespräsident den 27. Januar als deutschen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ein. An diesem Tag war 1945 das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit worden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erinnerte daran und sagte, Herzog habe "viel zur Versöhnung zwischen der deutschen Mehrheitsgesellschaft und der jüdischen Gemeinschaft sowie zwischen Deutschland und Israel beigetragen". Das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Religionen sei ihm ein Herzensanliegen gewesen.

Der zuletzt in Jagsthausen (Baden-Württemberg) lebende Jurist war für die CDU von 1978 an Kultusminister in Baden-Württemberg, ab 1980 Innenminister. 1983 ging er als Vizepräsident an das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe und übernahm 1987 das Amt des Gerichtspräsidenten. In diesen Jahren fällte das Karlsruher Gericht Entscheidungen wie den "Brokdorf-Beschluss" zur Versammlungsfreiheit, zum steuerfreien Existenzminimum und zur Strafbarkeit des Leugnens der Judenverfolgung. Der Protestant Herzog engagierte sich auch in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): Er war von 1971 bis 1980 Vorsitzender der Kammer für Öffentliche Verantwortung und gehörte von 1973 bis 1991 der EKD-Synode an. (epd)

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