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Politik: Ehrlich gesagt?!

CDU und CSU verhandeln über ein gemeinsames Wahlprogramm – gefragt sind nebulöse Formeln

Von Robert Birnbaum

Berlin - Im CDU-Präsidium war es kein Thema, im CDU-Vorstand auch nicht, allenfalls in Gestalt eines eher allgemeinen Appells der Kanzlerkandidatin: Die Union müsse sich stärker darauf konzentrieren, der „Mittelschicht“ deutlich zu machen, dass sie „von uns was haben“, hat Angela Merkel gemahnt. Davon aber, dass die CDU als Reaktion auf die „Millionärssteuer“–Pläne der SPD Abstriche bei den eigenen Steuerreform-Plänen erwäge, wie es die „Süddeutsche Zeitung“ vermeldet hat, ist im engeren Umfeld der Führenden in der Union nichts bekannt.

Was freilich nicht ausschließt, dass an der schon einmal im Gesundheitskompromiss von CDU und CSU deutlich eingedampften „Bierdeckel-Reform“ von Friedrich Merz noch einmal etwas verändert wird. Darüber debattieren die Fachleute der Union bereits seit längerem. Merz selbst weist darauf hin, dass man angesichts der Schuldenrekorde der öffentlichen Kassen von der Idee der Nettoentlastung wohl Abstand nehmen müsse: Steuervereinfachung ja, aber mehr nicht. Auf diese Formel dürfte es auch im Wahlprogramm hinauslaufen, ergänzt um den – bisher ebenfalls noch nicht näher festgeschriebenen – Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Einsparungen im Bundeshaushalt.

Die Episode zeigt freilich einmal mehr, dass die Frage „Wie ehrlich sind wir im Wahlkampf zu unseren Wählern“ in der Union keineswegs geklärt ist. Am Dienstag hat die „Viererbande“ aus den Generalsekretären Volker Kauder und Markus Söder, dem bayerischem Staatskanzleichef Erwin Huber und Unionsfraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen, die das gemeinsame Wahlprogramm schreibt, den Parteichefs Merkel und Edmund Stoiber erstmals offene Punkte zur Entscheidung vorgelegt. Entschieden worden ist aber noch wenig. Wird eine Mehrwertsteuer-Erhöhung angekündigt, womöglich sogar eine konkrete Zahl – oder bleibt es, wie es derzeit die meisten Unionspolitiker erwarten und befürworten, bei der leicht nebulösen Formel „…schließen wir nicht aus“? Die Frage ist offen.

Oder: Wird ein Zieldatum gesetzt, bis zu dem der Bundeshaushalt wieder die Maastricht-Kriterien erfüllt, oder bleiben die Aussagen dazu vorsichtshalber etwas vager? Die schlechten Erfahrungen, die Kanzler Gerhard Schröder mit Versprechungen wie „Halbierung der Arbeitslosigkeit“ gemacht hat, hat Merkel sehr genau vor Augen. Und dass hinter dem Ruf mancher CDU-Länderfürsten nach brutalstmöglicher Offenheit nicht nur uneigennützige Motive stecken, ist offensichtlich.

Immerhin gilt im weiteren Umkreis der „Viererbande“ als ausgemacht, dass die arbeitsmarktpolitischen Pläne der Union im Programm detailliert aufgeführt werden. Was allerdings auch keine besonders große Heldentat wäre. Die einschlägigen Beschlüsse, von der Neuordnung des Kündigungsschutzes bis zu den Einzelheiten betrieblicher Bündnisse für Arbeit, sind schließlich jederzeit schon heute in den Parteitagsbeschlüssen von CDU und CSU nachzulesen. Und wer es genau wissen will, schaut bei der Unionsfraktion vorbei: Dort liegen etliche dieser Pläne seit langem als Gesetzesantrag vor.

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