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Politik: Eigentümliches ums Eigentum

Peking stoppt Debatte über Gesetz zum Privatbesitz

Peking - Eines der brisantesten Themen wird beim Volkskongress in China nur hinter verschlossenen Türen diskutiert: der Entwurf eines neuen Eigentumsgesetzes. Ursprünglich sollte das Gesetz auf der diesjährigen Tagung zur Abstimmung gebracht werden. Aus Angst vor einer Ideologiedebatte nahm die KP-Führung das Thema aber kurzfristig von der Agenda.

An dem Eigentumsgesetz wird seit acht Jahren gearbeitet. „Das Gesetz würde die Landnutzungsrechte der Bauern auf eine rechtlich höhere Stufe stellen und somit besser schützen“, sagt die Juraprofessorin Fei Anling von der Universität für Politik- und Rechtswissenschaften in Peking. Chinas Bauern, die ihr Land nur vom Staat pachten dürfen, sind immer wieder Opfer von willkürlichen Zwangsenteignungen durch lokale Kader.

Ein offener Brief des Pekinger Jura-Professors Guo Xiantian hat nun jedoch einen ideologischen Streit über den Gesetzentwurf ausgelöst. Das neue Recht verstoße gegen die in der Verfassung festgelegten „grundlegenden Prinzipien“ der Kommunistischen Partei und des Sozialismus, kritisierte der als Altmarxist bekannte Guo. „Die Unantastbarkeit des sozialistischen Eigentums wird durch die Unantastbarkeit des privaten Eigentums ersetzt.“ In dem offiziell bis heute sozialistischen China haben solche Worte Sprengkraft.

Professorin Fei hält die ideologische Kritik für falsch. „Ob unsere Gesetzgebung sozialistisch oder kapitalistisch ist, hängt davon ab, wie sie die sozialen Interessen verteilt“, erklärt sie. Das Thema werde zudem oft missverstanden. „Die Bevölkerung glaubt, dass das Gesetz diejenigen schützen soll, die reich und korrupt sind, und lehnt es daher ab“, sagt Fei. Dabei würde eine rechtliche Regelung gerade die Situation der Armen und Schwachen in der Gesellschaft verbessern.

Die Verbesserung der Lebensverhältnisse auf dem Land ist eines der zentralen Themen auf dem Volkskongress. Unter dem Slogan „neue sozialistische Dörfer“ kündigte Regierungschef Wen Jiabao Investitionen von 34 Milliarden Euro für die Entwicklung der ländlichen Infrastruktur an.

Julia Fiedler, Harald Maass

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