zum Hauptinhalt

Politik: Eilige Gerichtssache

Warum der Korruptionsprozess gegen Ex-Staatssekretär Holger Pfahls nur zwölf Tage dauern soll

Fünf Jahre war er auf der Flucht, fünf Wochen sollen nun ausreichen, seine Schuld festzustellen. An diesem Dienstag gegen 9 Uhr wird Maximilian Hofmeister, der Vorsitzende Richter der 10. Strafkammer des Augsburger Landgerichts, die Hauptverhandlung gegen Holger Pfahls, den früheren Verteidigungs-Staatssekretär der Regierung Kohl, eröffnen. An zwölf Sitzungstagen soll geklärt werden, ob der auf der Hardthöhe unter anderem für Rüstungsfragen zuständige CSU- Mann und Strauß-Eleve bestechlich war und außerdienstliche Einnahmen in Millionenhöhe nicht versteuert hat.

33 Zeugen sind bislang zur Aufklärung des Sachverhalts geladen, doch die über 100 angemeldeten Journalisten, die den Prozess beobachten wollen, interessieren sich noch mehr für eine andere Frage: War gar die Regierung Kohl käuflich? Denn die ungeklärten Fragen im Falle Pfahls beziehen sich auch auf ein politisch ausgesprochen heikles Geschäft: Die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern aus Beständen der Bundeswehr im zeitlichen Umfeld des Irakkriegs von 1991 an Saudi-Arabien.

Tatsächlich weckt diese Strafsache die wildesten politischen Fantasien, weil jener Herr, von dem Pfahls sein schmutziges Geld bekommen haben soll, ein guter Bekannter aus dem CDU-Parteispendenskandal ist: der Kauferinger Kaufmann Karlheinz Schreiber, der etwa im Zusammenhang mit der Fuchs-Lieferung als Verbindungsmann der Firma Thyssen tätig war. Ein Tochterunternehmen von Thyssen sollte die Panzer in die Golfregion liefern, hatte aber Lieferengpässe. Und so entstand die Idee, diesen hochsensiblen Rüstungsexport erst einmal mit Bundeswehrpanzern zu bestücken, auf dass das Geschäft nicht Not leidend werde. Denn mit der Genehmigung von Rüstungsexporten, erst recht in Krisenregionen, tat sich noch jede Bundesregierung schwer, und wer konnte schon wissen, wie lange das Fenster der Gelegenheit nach Beendigung des Irakkriegs offen stehen würde. Für die eilige Abwicklung des Geschäfts sorgte Pfahls dann auch. Und dies sei Thyssen eben ein stattliches Beschleunigungsgeld wert gewesen, findet die Augsburger Staatsanwaltschaft, über Schreiber von Thyssen an den Rüstungs-Staatssekretär weitergereicht.

Weil aber Schreiber zu etwa gleicher Zeit einen Koffer mit rund einer Million D-Mark an den CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep als Parteispende übergeben hatte, diese freundliche Gabe in den Büchern der CDU nicht ordnungsgemäß verzeichnet wurde, dafür aber in deren schwarze Kassen floss, hält sich der Verdacht, dass zwischen den vielen unregelmäßigen Geldabflüssen des Karlheinz Schreiber ein innerer Zusammenhang besteht, es mithin in der Causa Pfahls auch um Kohl, dessen Finanzgebaren als CDU-Vorsitzender und auch die Käuflichkeit von Regierungsentscheidungen in seiner Amtszeit gehen könnte.

Kein leichter Stoff, sollte man meinen, nichts, was sich für einen kurzen Prozess eignet. Warum dann die Eile? Offenkundig hat es Teilabsprachen zur Verfahrensbeschleunigung zwischen den Prozessbeteiligten gegeben. Und die Strafkammer selbst hat möglicherweise noch ein ganz anderes Interesse daran, die Sache rasch vom Tisch zu bekommen. Denn die juristische Konstruktion der Anklage, wenigstens was den Vorwurf der Steuerhinterziehung betrifft, steht auf ziemlich wackligen Beinen. Diese hat sich die Augsburger Kammer aber schon früher zu Eigen gemacht: im vorangegangenen Verfahren gegen zwei Thyssen-Manager und auch im Prozess gegen Max Strauß.

Der Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß hat allerdings Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt, und die Signale, die man von dort hören kann, lassen es möglich erscheinen, dass die Bundesrichter diesen Teil der Anklage-Konstruktion in Kürze zu Fall bringen werden. Da ist es schon besser, den Pfahls-Prozess schleunigst hinter sich zu bringen. Die Blamage eines höchstrichterlichen Spruchs, der mitten in ein laufendes Verfahren hineinrasselt und dieses platzen lässt, die kann man sich so wenigstens ersparen.

Peter Siebenmorgen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false