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Politik: Ein bisschen Ruhe

Vor dem Gipfeltreffen von Israelis und Palästinensern halten sich beide Seiten mit Gewalt zurück

Die ersten politischen Gespräche auf hoher Ebene zwischen Israelis und Palästinensern seit dem Amtsantritt von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sind positiv verlaufen. Nach Palästinenserangaben sollen palästinensische Sicherheitskräfte in den kommenden Tagen die Kontrolle über fünf Städte im Westjordanland erhalten. Genannt wurden die Städte Ramallah, Kalkilija, Tulkarem und Jericho; über den fünften Ort soll noch entschieden werden. Bereits im Vorfeld des Treffens hatte Israel einen Stopp der gezielten Tötungen militanter Palästinenser beschlossen (Scharon: „Auf Ruhe reagieren wir mit Ruhe“) und damit die Voraussetzungen für einen umfassenden Waffenstillstand erheblich verbessert. Auch ein Gipfeltreffen zwischen Abbas und Israels Ministerpräsident Ariel Scharon soll in naher Zukunft stattfinden. Nächste Woche wird das wohl entscheidende Vorbereitungstreffen stattfinden.

Für die Palästinenser nahmen Verhandlungsminister Sajeb Erakat, Abbas’ Kanzleichef Hassan Abu Libdeh und Abbas’ Vertrauensmann im Sicherheitsbereich, der ehemalige Minister und Geheimdienstchef Mohammed Dahlan, an der Sitzung teil; Israel war durch Scharons persönlichen Berater Dov Weisglass und durch Schalom Turjeman, den politischen Berater des Regierungschefs, vertreten. Gemäß israelischen Darstellungen erfolgte das Gespräch auf Grund der „positiven Entwicklungen und den Anstrengungen in der Terrorbekämpfung auf palästinensischer Seite“.

Scharon erklärte, dass er nur zu Gesprächen mit Abbas bereit sei, wenn die Palästinenser ihren Verpflichtungen im Rahmen des internationalen Friedensplans, der so genannten Road Map, nachkämen: Zerstörung der terroristischen Strukturen, Einsammeln aller illegaler Waffen und Stopp der antiisraelischen Hetze. Über den Rückzug der israelischen Truppen aus Westbank-Städten und die Übergabe der Sicherheitsverantwortung in diesen an die Palästinenser werden nächste Woche Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas und Dahlan verhandeln. Als Grundlage dient dabei eine zwischen ihnen beiden bereits vor zwei Jahren ausgehandelte Übereinkunft, die aber damals von Jassir Arafat torpediert worden war.

Fast gleichzeitig mit dem Beschluss über den Liquidierungsstopp schlug in der Nacht zum Mittwoch erstmals seit Ende letzter Woche wieder eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Kassam-Rakete auf israelischem Territorium ein. Außerdem wurde der Siedlungsblock Gusch Katif im Gazastreifen mit Mörser- und Panzerabwehrgranaten beschossen. Bis vor kurzem hatten solche Zwischenfälle Israel zum sofortigen Abbruch aller Kontakte auch auf unterster Ebene veranlasst. Zwar verzichtete Israel auf Vergeltungsschläge, doch bei einem Schusswechsel wurde ein dreijähriges Palästinensermädchen getötet: den Palästinensern zufolge durch israelische Schüsse, laut Israel durch Splitter eines palästinensischen Kassam-Rohrkrepierers. Bei einem israelischen Militäreinsatz in Kalkilija im Westjordanland wurde ein von der Armee gesuchter Palästinenser getötet. Zwei weitere Palästinenser, die mit dem Mann in einem Fahrzeug saßen, wurden nach Angaben einer Militärsprecherin verletzt und festgenommen.

Peinlich für die israelische und gefährlich für die palästinensische Seite wurde ein erstes Koordinationsgespräch auf militärischer Ebene über eine Stationierung palästinensischer Polizisten zwischen Khan Jounis und dem Zentrum des Gusch-Katif-Blocks, um dessen weiteren Beschuss zu unterbinden. Die palästinensischen Offiziere wurden bei ihrer Ankunft bei der israelischen Kommandantur von rund 100 Siedlern attackiert und mussten in einem Bunker in Sicherheit gebracht werden. Die Reifen ihrer Jeeps wurden von den Siedlern zerstochen – während drinnen über eine Verbesserung von deren Sicherheit verhandelt wurde. Nach den schweren Zusammenstößen zwischen Siedlern und israelischen Soldaten wurden zwei Siedler verletzt ins Krankenhaus transportiert, mehrere andere vorübergehend festgenommen. (mit dpa)

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