zum Hauptinhalt

Politik: Ein ehemaliger Staatsanwalt hat viel zu sagen

Der Hauptangeklagte hat nicht vor, anzureisen. Der Waffenhändler Karlheinz Schreiber bleibt im sicheren Kanada.

Der Hauptangeklagte hat nicht vor, anzureisen. Der Waffenhändler Karlheinz Schreiber bleibt im sicheren Kanada. Deshalb beginnt der Prozess um Schmiergeldzahlungen bei der Lieferung deutscher Panzer nach Saudi-Arabien ohne Schreiber. Vor dem Landgericht Augsburg müssen sich von Dienstag an zunächst nur die ehemaligen Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert verantworten. Der mitangeklagte ehemalige Verteidigungs-Staatssekretär Holger Pfahls (CSU) ist noch immer auf der Flucht. Seit er sich 1998 ins Ausland abgesetzt hat, ist er mehr oder weniger spurlos verschwunden.

Die beiden früheren Thyssen-Manager sollen Pfahls mit 3,8 Millionen Mark für Vermittlungsdienste abgefunden haben, um 1991 den Zuschlag für die Lieferung von 36 Spürpanzern im Wert von rund 450 Millionen Mark nach Saudi-Arabien zu bekommen. Die Ermittlungen laufen seit 1995 und haben ein politisches Erdbeben ausgelöst, weil dabei die CDU-Spendenaffäre aufgedeckt wurde. Nicht nur im Bund, auch in Bayern bemüht sich seit einem halben Jahr ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, Licht in die Sache zu bringen. In der vergangenen Woche erlebte der Ausschuss eine echte Überraschung. Denn da hatte einer Platz genommen, der kein Blatt vor den Mund nahm. Und der ehemalige Augsburger Staatsanwalt Winfried Maier schien sogar einigermaßen zu genießen, wie viel ungeteilte Aufmerksamkeit ihm entgegengebracht wurde. Zu verlieren hat Maier nichts, denn auf eigenen Wunsch ist er seit dem vergangenen Jahr von allen ehemaligen Aufgaben entbunden und wieder als Richter tätig. Was er vorher als Ermittler erlebt hat, war Gegenstand seiner Ausführungen.

Sie gipfelten in Maiers Aussage, dass die bayerische Justiz ihn namentlich bei der Vollstreckung der Haftbefehle gegen den Ludwig Holger Pfahls sowie die beiden Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert massiv behindert habe. Allerdings wurde weder bei Pfahls noch bei anderen mutmaßlichen Verdächtigen wie dem Strauß-Sohn Max-Josef und dem ehemaligen CSU-Staatssekretär Erich Riedl anlässlich von Büro- und Hausdurchsuchungen belastendes Material gefunden. Maier hat nun zu Protokoll gegeben, dass er im April 1999 vom Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer zuerst angehalten worden sei, die bereits genehmigten Anträge der Staatsanwaltschaft auf Haftbefehl noch einmal innerhalb von sechs Tagen juristisch zu prüfen. Schließlich stoppte Froschauer die vorgesehene Aktion, was sowohl Maier wie auch dessen Behördenleiter Jörg Hillinger erst nach einer von Froschauer erbetenen schriftlichen Weisung akzeptierten. Maier sagte in München vor dem Untersuchungsausschuss: "Ich habe mir das nicht einfach gemacht." Noch schwerer wurde seine Arbeit durch den Umstand, dass sein Chef Hillinger Tage später - ohne Fremdeinwirkung - tödlich mit dem Auto verunglückte. Maier war auf sich allein gestellt.

Inzwischen hatte Pfahls Kenntnis von den Ermittlungen erhalten. Seither ist er verschwunden. Maier ließ in München erkennen, dass er die undichte Stelle in der Justiz und in der Nähe des Amtschefs im Justizministerium, Wolfgang Held, vermute. Ministerialdirektor Held war ebenfalls Intimus von Franz Josef Strauß und ein Bekannter von Karlheinz Schreiber. Held und Froschauer haben die Aussagen Maiers inzwischen zurückgewiesen und wollen sie demnächst persönlich vor dem Ausschuss widerlegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false