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Politik: Ein Fall für Karlsruhe

Die FDP klagt gegen den Einsatz der Awacs-Flugzeuge

Von Robert Birnbaum

Die FDP hat lange überlegt, jetzt hat die Bundestagsfraktion entschieden: Der von der Bundesregierung gebilligte Einsatz von vier Awacs-Fernaufklärern der Nato über der Türkei wird ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Schon Anfang nächster Woche soll der Eilantrag in Karlsruhe eingehen, der Frankfurter Professor Michael Bothe fertigt die Klageschrift. Dabei hat die FDP nichts dagegen, dass Bundeswehr-Soldaten an Bord der fliegenden Radar-Stationen mit dafür sorgen sollen, dass der Nato-Partner Türkei nicht Ziel irakischer Luftangriffe wird. Sie bestehen nur darauf, dass der Bundestag dem Einsatz sein Mandat erteilt. „Das ist kein Routineflug über Dänemark“, sagt Fraktionschef Wolfgang Gerhardt am Freitag in Berlin.

Tatsächlich sind die Awacs nicht nur in der Lage, aus großer Höhe weit über die türkische Ostgrenze hinweg den irakischen Luftraum zu überwachen und so einen Angriff früh zu erkennen. Die Aufklärer müssten, wenn ihr Einsatz überhaupt Sinn machen soll, zumindest die türkischen Abfangjäger auch zu Angreifern hin leiten. Das wäre in normalen Zeiten durch Nato-Bündnispflichten problemlos gedeckt. Aber die Zeiten sind nicht normal. Und die Freien Demokraten sind nicht die Einzigen, die sich vorstellen können, dass die strikte Trennung zwischen „rein defensiven“ Einsätzen, als die die Bundesregierung die Rolle der Awacs beschreibt, und einer Verwicklung in den Irak-Krieg der Realität am Ende nicht standhalten könnte. Deshalb, sagt Gerhardt, bestehe die FDP auf einem Beschluss des Bundestages – gerade in einer juristischen Grauzone hätten die Soldaten Anspruch auf klare Rückendeckung des Parlaments. Genau wegen dieser Grauzone aber, vermutet die FDP, meidet die Regierung diesen Weg: „Die haben Angst, dass sie keine eigene Mehrheit bekämen“, sagt ein FDP-Abgeordneter.

Ob das politische Anliegen auch juristisch hinreichend tragfähig ist, ist eine andere Frage. Zwar hat Bagdad in seinen zwei Awacs-Urteilen aus den 90er Jahren die Bundeswehr als Parlamentsheer eingestuft, zugleich aber der Regierung Spielraum zugebilligt, wann sie ein Mandat braucht und wann nicht. Trotzdem sieht die FDP gute Chancen auf eine Eilentscheidung aus Karlsruhe zu ihren Gunsten. Die Zuversicht stützt sich auch darauf, dass manche Liberale bei der Regierung ein schlechtes juristisches Gewissen ausgemacht haben. Die für die Verfassung zuständigen Ressorts Innen und Justiz, so wird kolportiert, sähen die Sache durchaus anders als der Kanzler. Und: Nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ will die Bundesregierung die deutschen Awacs-Besatzungen abziehen, wenn türkische Truppen in den Irak einmarschieren.

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