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Politik: Ein Fan der Kanzlerin Wie der DGB-Chef die SPD verwirrt

Berlin - In der SPD gilt die Aussicht auf eine Neuauflage der großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als wirksamstes Mittel, um die eigenen Wahlkämpfer gründlich zu demobilisieren. Deshalb zuckte mancher Sozialdemokrat zusammen, als am Wochenende die Meldung die Runde machte, DGB-Chef Michael Sommer empfehle für die Zeit nach der Bundestagswahl eine große Koalition.

Von Hans Monath

Berlin - In der SPD gilt die Aussicht auf eine Neuauflage der großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als wirksamstes Mittel, um die eigenen Wahlkämpfer gründlich zu demobilisieren. Deshalb zuckte mancher Sozialdemokrat zusammen, als am Wochenende die Meldung die Runde machte, DGB-Chef Michael Sommer empfehle für die Zeit nach der Bundestagswahl eine große Koalition. Am Wochenende hatte der Gewerkschafter erklärt, das frühere Bündnis aus SPD und Union habe in der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit gute Arbeit geleistet. „Die Erfahrung lehrt, dass große Koalitionen zwar keine Reformkoalitionen sind, aber als Krisenkoalitionen gute Arbeit leisten“, sagte Sommer weiter. Und er fügte hinzu, es sei richtig, dass die gegenwärtige Krise noch nicht überwunden sei.

Die Frage nach Alternativen zum erklärten Wahlziel Rot-Grün stellt sich für die Sozialdemokraten umso dringender, je weiter beide Parteien in Umfragen von einer eigenen Mehrheit entfernt sind. Nach den Ergebnissen der meisten Demoskopen würden zwar auch Union und FDP wegen der Schwäche der Liberalen im Augenblick die Regierung nicht fortführen können. Doch Merkel könnte eine schwarz- rote oder eine schwarz-grüne Koalition anstreben, um im Amt zu bleiben.

Vor diesem Hintergrund gewann die Meldung über Sommers Äußerung politische Brisanz, obwohl sie in der Sache nicht neu war. Die große Koalition hatte der erklärte Fan von Kanzlerin Merkel schon früher gelobt. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bemühte sich, das politische Signal kleinzureden. Er habe Sommer „so verstanden, dass die Gewerkschaften wie 2009 keine Wahlempfehlung abgeben werden“, sagte er und verwies auf Gemeinsamkeiten zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und der SPD: „Ich glaube, dass alle deutschen Gewerkschaften sehr genau wissen, bei welcher Partei sie die Substanz finden, die für ihre Arbeit wichtig ist.“ Steinbrück hat ausgeschlossen, in eine Koalition unter Merkel einzutreten.

Tatsächlich hatte SPD-Mitglied Sommer zwar die allmähliche Sensibilisierung Merkels für gewerkschaftsrelevante Themen über die Jahre gelobt. Sie stehe heute für Mitbestimmung, für soziale Marktwirtschaft und Tarifautonomie. Gleichzeitig kritisierte er, ihre Regierung liefere nicht. Solange Merkel mit der FDP regiere, „klaffen zwischen Worten und Taten tiefe Schluchten“, sagte er: „Schwarz-Gelb versagt auf ganzer Linie.“

Am Montagabend, zum Auftakt eines Treffens mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und anderen Sozialdemokraten, betonte Sommer seine Neutralität: „Ich gebe keine Wahlempfehlungen, weder für eine Partei noch für eine Konstellation, aber auch nicht für eine große Koalition.“ Die SPD-Spitze hatte es als erfreuliches Signal für die Wiederannäherung der Gewerkschaften gewertet, dass sich deren Vertreter sechs Tage vor dem Parteitag mit ihr zusammensetzten, um über das SPD-Wahlprogramm zu debattieren. Doch wegen der Debatte um Sommer und die große Koalition ging dieses Signal dann völlig unter. Hans Monath

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