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Politik: Ein Gipfel unter Hochspannung

Vor dem EU-Lateinamerikatreffen in Lima werden Differenzen offenbar / Martialisches Sicherheitsaufgebot

Lima - Polemik und politische Differenzen haben beim EU-Lateinamerika-Gipfel in Lima für massive Spannungen gesorgt. Der Kluft zwischen links- und rechtsgerichteten Regierungen auf dem Kontinent verlieh Perus Präsident Alan García schon am Donnerstagabend Ausdruck, als er bei einem Wirtschaftsgipfel den Links-Regierungen vorwarf, die „Armut zu verwalten“.

Einer der Adressaten der Kritik, Venezuelas Präsident Hugo Chávez, traf am Freitag in Lima ein. Chávez hatte sich im Vorfeld abfällig über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußert und Kolumbien erneut attackiert. Merkel reagierte gelassen. Ohne Chávez als gegenteiliges Beispiel beim Namen zu nennen, sagte García, wer links sei, müsse nicht „dumm“ sein. Perus Präsident, der sein Land stärker an den USA orientiert, ist ein erklärter Gegner des Populisten aus Venezuela, der die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien wie der Ölbranche vorantreibt. „Um Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen, sind Investitionen nötig“, sagte García.

Merkel sagte vor Unternehmern, sie wolle mit ihrem Auftritt bei dem Wirtschaftsgipfel ein deutliches Signal für eine breitere wirtschaftliche Kooperation zwischen Lateinamerika und der EU setzen. Wenn dazu nicht alle lateinamerikanischen Länder bereit seien, müssten sich die Willigen zusammenfinden, und anfangen, sagte die Kanzlerin vor dem Hintergrund protektionistischer Tendenzen von Ländern wie Bolivien, die in der Andengemeinschaft Can öffnungswillige Länder wie Peru und Ekuador bremsen.

Merkel versicherte, dass die Europäer ihre Hilfszusagen für die Armutsbekämpfung einhalten werden. „Europa ist bereit, sich hier einzusetzen.“ Die lateinamerikanischen Staaten müssten aber ganz klar sagen, wo genau sie Unterstützung brauchten. Sie betonte auch, dass die Lateinamerikaner keine Bittsteller seien: „Heute sind Lateinamerika und Europa gleichberechtigte Partner, die voneinander lernen, die voneinander profitieren.“ Die Kanzlerin will auf dem Gipfel den verstärkten Anbau von Energiepflanzen wie Zuckerrohr oder Soja zur Produktion von Ethanol thematisieren. Kritiker befürchten eine Gefährdung des Regenwalds durch steigenden Bedarf an Ackerflächen. Merkel wies den Vorwurf zurück. Gleichzeitig erinnerte sie die Europäer an ihre Verantwortung für den Regenwald, die sich in finanzieller Hilfe niederschlagen müsse.

Schwerpunkte des EU-Lateinamerika-Gipfels sind die Themen Armutsbekämpfung und sozialer Zusammenhalt sowie Energie, Umwelt und Klimawandel. In einer am Donnerstag gebilligten Erklärung kündigen die Staats- und Regierungschefs schnelle Maßnahmen zur Unterstützung von Ländern an, die durch die hohen Lebensmittelpreise besonders betroffen sind.

Der zeitgleich von politischen und sozialen Bewegungen aus Lateinamerika und Europa ausgerichtete Gipfel der Völker, der sich als linksgerichtete Alternative zu dem Gipfel der Regierenden versteht, warf den Europäern vor, mit den angestrebten Vereinbarungen das „System der Herrschaft“ fortzuschreiben.

Um die hochkarätigen Delegationen aus 27 Ländern der Europäischen Union und mehr als 30 lateinamerikanischen und karibischen Staaten zu schützen, bietet die peruanische Regierung Boden-Luft-Raketen, Kampfflugzeuge, Experten für bakteriologische Kriegsführung, 95 000 Polizisten sowie 500 vor allem auf Sprengstoff spezialisierte Spürhunde auf. Sogenannte Stahlmänner der Nuklear-, Bio- und Chemieeinheit NBQ sind mit Sonderuniformen und Spezialdetektoren gegen alle Eventualitäten eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen gewappnet. Der peruanische Polizeichef, General Octavio Salazar, versichert, dass seine Leute seit zwei Jahren für den Gipfel trainiert haben und möglicherweise auftretende Probleme im Griff haben werden. Sondereinheiten erhielten in den USA, Australien, Spanien, Tschechien und den Niederlanden den letzten Schliff. AFP

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