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Politik: Ein halbes Jahr mit Bauchschmerzen

Italiens EU-Ratspräsidentschaft ist zu Ende – und alle sind erleichtert

Am Rande des Dezember-Gipfels von Brüssel war trotz des Scheiterns der Verfassungsverhandlungen auch Erleichterung zu spüren. Erleichterung darüber, dass der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi die EU-Ratspräsidentschaft nach einer sechsmonatigen Serie von Peinlichkeiten und Pannen zu Jahresende niederlegt. „Leadership“ habe gefehlt, sagte der Präsident des Verfassungskonventes Valéry Giscard d’Estaing über die Verhandlungen der Regierungskonferenz.

Berlusconi selbst bekannte, ihm falle angesichts der Arbeitsbelastung ein Stein vom Herzen. Dafür, dass Berlusconi die Präsidentschaft nicht nur als Erfolg, sondern gleich als „Triumph“ bewertete, gibt es nur eine Erklärung. Immerhin erfüllte sich Berlusconi einen Herzenswunsch: Er holte die EU-Nahrungsmittelagentur ins italienische Parma.

Dass die vergangenen sechs Monate für Berlusconi zum europäischen Desaster wurden, lag jedenfalls nicht am proeuropäischen, diplomatischen Dienst der Italiener. Die römischen Redenschreiber hatten ihrem Ministerpräsidenten auch für seine erste Rede als EU-Ratspräsident im Europäischen Parlament allerlei Kluges notiert. Dass es dennoch schon am 2. Juli zu einem Eklat kam, lag allein am Premier selbst: Berlusconi bot dem deutschen Abgeordneten Martin Schulz nach dessen Kritik an den innenpolitischen Verhältnissen in Italien die Rolle eines KZ-Aufsehers in einem Kinofilm an.

Damit provozierte er eine Kette sinnloser Streitereien zwischen Freunden und Feinden der italienischen Regierung. Zunächst versuchte er noch, die Scharte auszuwetzen: Er posierte mit dem US-Präsidenten vor den Kameras und gab vor, die durch den Irakkrieg zwischen den USA und der EU aufgerissene Kluft zu überbrücken. Tatsächlich aber verstärkte Berlusconi in Europa den Eindruck, er nutze die Ratspräsidentschaft, um sich auf internationalem Parkett zu profilieren und seine eigene Politik zu machen. Noch schärfer zeichnete sich dieses Motiv beim EU-Russland-Gipfel ab. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin lobte er für sein Vorgehen gegenüber dem Ölkonzern Jukos – obwohl die EU-Staatenmehrheit eine andere Meinung vertrat.

Wirklich engagiert, so die Brüsseler Sicht, war die römische Präsidentschaft nur in Wirtschaftsfragen. Die Verlagerung der Chemiegesetzgebung vom Umwelt- auf den Wettbewerbsrat wurde ebenso registriert wie die Konzentration auf die transeuropäischen Verkehrsnetze.

Mariele Schulze Berndt[Brüssel]

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