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Politik: Ein Hobbyraum für den Diktator

Bush ist offenbar bereit, auf einen Krieg zu verzichten, wenn Saddam ins Exil geht. Doch das ist unwahrscheinlich

Bereits Ende vergangenen Jahres geisterte die wenig glaubhafte Meldung durch die Medien, Saddam Hussein habe Libyen Millionen geboten, um dort politisches Exil zu finden. Der libysche Staatschef Muammar Gaddafi erklärte nun am Wochenende in der „Washington Post", Saddam Hussein brauche kein Exilland, weil er und seine Familie im Irak bleiben würden. Die Spekulationen waren in der vergangenen Woche erneut hochgekocht, nachdem US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärt hatte, eine Exillösung könne auch die USA befriedigen und möglicherweise einen Krieg verhindern.

Am Donnerstag hatte dann die „taz“ unter Berufung auf russische und amerikanische Diplomaten berichtet, Russland versuche Saddam Hussein zu bewegen, ins Exil zu gehen. Dies wurde aber sofort von allen ins Gespräch gebrachten Ländern, darunter Russland selbst, aber auch Saudi-Arabien, Ägypten und Mauretanien, dementiert. Dennoch – es scheint ernsthafte Bemühungen für eine solche Lösung zu geben.

Russland ist daran interessiert, einen Krieg zu vermeiden, weil es fürchtet, das neue Regime in Bagdad könnte alle Wirtschaftsverträge mit Moskau kündigen. Ein Krieg würde Russlands Einfluss auf die Region weiter verringern. Wenn es Präsident Wladimir Putin gelänge, Saddam zum Gang ins Exil zu bewegen, wäre dies ein dringend benötigter außenpolitischer Erfolg des russischen Staatschefs.

Auch US-Präsident George W. Bush wäre anscheinend mit einer solchen Lösung zufrieden. Dies mag damit zusammenhängen, dass es auch in Washington angesichts der irakischen Kooperation bei den Inspektionen als immer schwieriger angesehen wird, einen wirklichen Kriegsgrund zu präsentieren. Eine ganz andere Frage ist dagegen, ob Saddam zu einer solchen Lösung tatsächlich bereit wäre. Für viele Beobachter ist es schwer vorstellbar, dass der ausgeprägte Machtmensch das Zepter aus der Hand geben wird, um sich als gedemütigter Ex-Diktator im Exil seinen Hobbys zu widmen. Unvergessen ist die Geschichte aus den 80er Jahren, als Saddam sein Kabinett zusammenrief, um einen iranischen Vorschlag, der Krieg zwischen beiden Ländern könne mit seinem Abdanken beendet werden, zu besprechen. Als Gesundheitsminister Riad Hussein vorschlug, den Vorschlag aus „taktischen Gründen“ anzunehmen, um Irans Intentionen zu testen, erschoss ihn Saddam.

Heute aber ist die Situation anders. Auch dem Machthaber in Bagdad muss klar sein, dass seine geschwächte Armee keine Chance hat gegen die Übermacht des US-Militärs. Falls es zum Krieg kommen sollte, wird dieser – anders als der Golfkrieg von 1991 – vermutlich erst beendet werden, wenn der irakische Präsident tot oder entmachtet ist.

Falls der Diktator wirklich über einen Gang ins Exil nachdenkt, behielte er diese Karte sicher bis kurz vor einem Angriff im Ärmel. Vielleicht hat aber auch der frühere irakische Informationsminister Sabah Salman Recht: „Saddam hat die letzte Kugel in seinem Gewehr für sich selbst reserviert.“

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