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Die Kennzeichnungspflicht für Polizisten hat laut Innensenator Henkel nicht zu vermehrten Übergriffen auf Polizisten geführt.

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Ein Jahr Kennzeichnungspflicht: Keine Angriffe auf die Privatsphäre von Polizisten

Um die Kennzeichnungspflicht gab es einst heftigen Streit. Die Bedenken der CDU: Sind die Einsatzkräfte individuell gekennzeichnet, könnten kundige Täter deren Wohnungen und Familien angreifen. Nun stellt sich heraus: passiert ist wohl nichts.

Über Jahrzehnte ist um die Kennzeichnungspflicht für Polizisten gestritten worden. Seit mehr als einem Jahr sind die 13 000 uniformierten Beamten in Berlin mit Nummern- oder Namensschildern ausgestattet, 2011 hatte dies der damalige rot-rote Senat gegen massive Widerstände aus der Polizei und der CDU beschlossen. Nun räumt Innensenator Frank Henkel (CDU) ein: Er habe „keine Erkenntnisse“ zu etwaigen Übergriffen oder Bedrohungen gegen Polizisten.

Die Kennzeichnungspflicht für Polizisten hat offenbar nicht zu vermehrten Bedrohungen geführt

Henkel hatte auf Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus antworten müssen. Deren Fraktionsvorsitzende Udo Wolf erklärte am Donnerstag: "Die Panikmache, mit der die damalige CDU-Opposition und Frank Henkel die Einführung der Kennzeichnung verhindern wollten, entbehrte jeder Grundlage." Weder haben die Nummern zu einem Anstieg von unberechtigten Strafanzeigen gegen Dienstkräfte geführt, noch gibt es Erkenntnisse über Angriffe auf die Privatsphäre.

Die Berliner Polizeibeamten können wählen, ob sie ihren Namen oder eine Nummer sichtbar tragen.
Die Berliner Polizeibeamten können wählen, ob sie ihren Namen oder eine Nummer sichtbar tragen.

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Henkel hatte auf eine Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus geantwortet. Demnach ist es auch niemandem Unbefugten außerhalb der Behörde gelungen, „private Daten hinter einer individuellen Nummernkennzeichnung“ zu erfahren. Mit anderen Worten: Berliner Beamte, die nun meist Nummern tragen, können sich weitgehend sicher sein, dass sie zu Hause keinen ungebetenen Besuch bekommen.

Linken-Fraktionschef Udo Wolf erklärte am Donnerstag: „Die Panikmache, mit der die damalige CDU-Opposition und Frank Henkel die Einführung der Kennzeichnung verhindern wollten, entbehrte jeder Grundlage.“ Weder haben die Nummern zu einem Anstieg von unberechtigten Strafanzeigen gegen Dienstkräfte geführt, noch gibt es Erkenntnisse über Angriffe auf die Privatsphäre. So wurde 2012 in 1436 Fällen gegen Polizeibeamte ermittelt, 2009 waren es 1698 Verfahren – beispielsweise wegen des Verdachts der Körperverletzung bei Demonstrationen.

„Die Erkenntnisse aus Berlin werden auch denjenigen helfen, die sich in anderen Bundesländern für die Kennzeichnungspflicht einsetzen“, sagte Wolf. Bislang gilt außer in Berlin nur in Brandenburg eine Kennzeichnungspflicht. In den anderen Bundesländern sind Nummern- und Namensschilder die Ausnahme, etwa bei Verkehrspolizisten. Als problematisch gilt, dass Beamte aus anderen Ländern auch bei Großeinsätzen in Berlin nicht gekennzeichnet sind.

Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist man gelassen – als Niederlage wird die Antwort von Henkel nicht verstanden. „Künftig werden sicher entsprechende Fälle registriert“, sagte Dieter Großhans von der GdP am Donnerstag. „Es hat Vorkommnisse gegeben, nur haben die Kollegen nicht sofort erkannt, dass sie mit der Kennzeichnung zu tun haben.“ Die Regelung sei relativ neu, noch fehle das Bewusstsein dafür, entsprechende Probleme zu dokumentieren.

Nach jahrelangem Streit im Abgeordnetenhaus und den Verwaltungen hatten der frühere Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und der 2011 in den Ruhestand gegangene Polizeipräsident Dieter Glietsch die Kennzeichnungspflicht durchgesetzt. Zuvor hatte sich jeder zweite Polizist schon freiwillig kenntlich gemacht. Der Personalrat der Polizei, die Gewerkschaften GdP und DPolG sowie die CDU waren vehement dagegen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und Anwälte hingegen hatten auf eine Kennzeichnung gedrängt, um die oft vermummten und behelmten Polizisten nach Gewaltfällen identifizieren zu können.

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