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Politik: Ein Kandidat verschwindet

Noch immer fehlt jede Spur von Putins Herausforderer Iwan Rybkin. Er hatte zuvor geklagt, er werde beschattet

Erst vor kurzem war er als Präsidentschaftskandidat für die Wahl in Russland am 14. März registriert worden. Seit Donnerstagabend ist Iwan Rybkin verschwunden – spurlos. Am Montag leitete die Moskauer Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Mordes ein, doch wurden diese kurze Zeit später von der Generalstaatsanwaltschaft wieder gestoppt. Die Entscheidung sei verfrüht, zurzeit gebe es keine Hinweise auf eine Ermordung Rybkins, teilte die Behörde mit.

Als Chef eines Flügels der zersplitterten Partei Liberales Russland wird er von einem der schärfsten Gegner von Präsident Wladimir Putin unterstützt, dem im Londoner Exil lebenden Multimillionär Boris Beresowski. Rybkin war bis 1996 Präsident der Duma. Danach wurde er vom damaligen Präsidenten Boris Jelzin vorübergehend mit den Verhandlungen mit den tschetschenischen Rebellen beauftragt. Beresowksi berichtete der russischen Zeitung „Kommersant“, Rybkins Frau Albina sei noch am Samstag von einem Sprecher des Sicherheitsrats zugesichert worden, dass ihr Mann am Montag unbeschadet wieder auftauchen werde. Auch ein hochrangiger Vertreter der Moskauer Polizei versicherte gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, Rybkin sei „noch am Leben“.

Vor einer Woche war im Zusammenhang mit den für die Zulassung zur Wahl geforderten Unterschriftenlisten ein offener Brief Rybkins gedruckt worden, der Putin als Fehlbesetzung auf der Kommandobrücke des Staatsschiffs erklärt: mehrfacher Verfassungsbruch, Tschetschenienkrieg und Beteiligung an verschiedenen Unternehmen, so lauteten die Vorwürfe. „Russlands größter Oligarch“, sagte Rybkin im russischen Dienst von Radio Liberty (RFL), heiße Putin. Rybkin klagte, auf seine Unterschriftensammler werde massiv Druck ausgeübt. Sie sollten ihre Kennung auf den Listen für eine Fälschung erklären. Sollten sie widersprechen, sei Studenten in der nordkaukasischen Teilrepublik Kabardino-Balkarien mit Relegierung gedroht worden. Er selbst werde weiter aggressiv beschattet, sagte Rybkin, sogar auf Auslandsreisen. Seine „Begleiter“ würden das gleiche Hotel und den gleichen Flug buchen.

Auch die bekannte Journalistin Jelena Tregubowa hat für den Sprengsatz an ihrer Wohnungstür, der sie Anfang vergangener Woche beinahe getötet hätte, nur eine Erklärung: den Wahlkampf. Tregubowa ist Verfasserin des Buches „Die Märchen des Kreml-Diggers“, das Interna vom Machtkampf der Einflussgruppen in Putins Umgebung ausplaudert. Die Ermittler versuchen, den Vorfall als „Rowdytum“ von Heranwachsenden herunterzuspielen. Menschenrechtsgruppen aber haben Putin in einem offenen Brief aufgefordert, persönlich die Kontrolle des Falls zu übernehmen. Allein schon, um „unheilvollen Spekulationen“ vorzubeugen.

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