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Politik: Ein Maulkorb für Scharon

Israel streitet über Unterbrechung der Fernseh-Rede des Premiers

Von Charles A.Landsmann,

Tel Aviv

Von einer Sekunde auf die andere war Israels Regierungschef sprachlos. Dabei war seine Pressekonferenz am Donnerstagabend mit Spannung erwartet worden, weil er die gegen ihn und seine Söhne erhobenen Korruptionsvorwürfe als politische Verschwörung zu enthüllen versprach. Doch das Ganze endete abrupt und in einem Fiasko: Für die Radiohörer und Fernsehzuschauer war der Regierungschef nicht mehr zu hören. Der Vorsitzende des Wahlausschusses, der Oberste Richter Mischael Cheschin, ordnete den Abbruch der Direktübertragung der Pressekonferenz an, weil Scharon ununterbrochen die oppositionelle Arbeitspartei und deren Spitzenkandidaten Amram Mitzna persönlich attackierte. Das sei Wahlpropaganda. Scharon ist Medienberichten zufolge über die Entscheidung empört. An diesem Samstag soll nun die Wahlkommission über die Entscheidung ihres Vorsitzenden beraten.

Cheschin geriet erwartungsgemäß ins Kreuzfeuer rechter Politiker. Die meisten führenden Juristen gaben ihm aber Recht. In Scharons Kanzlei schäumte man zuerst vor Wut, doch schon Stunden später hieß es beim Likud, der Maulkorb für den Regierungschef habe zu einem Solidarisierungseffekt bei der Rechten geführt, der sich in den nächsten Umfragen positiv auswirken werde. Doch andererseits hat sich die Hoffnung beim Likud, dass Scharon mittels einer grandiosen Rede an die Nation der entscheidende Befreiungsschlag gelänge, zerschlagen.

Im nicht mehr übertragenen Teil seiner Pressekonferenz flüchtete sich Scharon immer wieder in die Ausrede, er habe von den Millionen-Krediten, welche seine beiden Söhne zur Finanzierung seines Wahlkampfes besorgt hatten, nichts gewusst. Alles sei nur eine Verleumdungskampagne seiner politischen Gegner, also der Arbeitspartei und der mit ihr verbündeten Medien. Konkreten Fragen wich er dabei aus.

Charles A.Landsmann[Tel Aviv]

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