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Politik: "Ein multiethnisches Kosovo ist nicht mehr möglich"

BONN (bib).Der CDU-Außenpolitiker Karl Lamers hält das Ziel eines Kosovo, in dem Serben und Kosovo-Albaner friedlich zusammenleben, für nicht mehr durchsetzbar.

BONN (bib).Der CDU-Außenpolitiker Karl Lamers hält das Ziel eines Kosovo, in dem Serben und Kosovo-Albaner friedlich zusammenleben, für nicht mehr durchsetzbar.Lamers sagte am Mittwoch dem Tagesspiegel, niemand könne nach dem, was vorgefallen sei, noch an ein multiethnisches Kosovo glauben.Schon die Erfahrungen mit Bosnien und Kroatien zeigten, daß ein solches Modell nicht dem Willen der Mehrheit der Menschen in der Region entspreche: "Alle Völker dort, ob Kroaten oder Serben, Bosniaken oder Albaner, wollen nicht in einem Staat zusammenleben", sagte Lamers, der am vergangenen Wochenende gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) Gespräche in Moskau geführt hatte.Auch die Kosovo-Albaner hätten den Vertrag von Rambouillet nur unterschrieben, weil sie in der darin vorgesehenen Stationierung einer NATO-Truppe die Vorstufe zu einem unabhängigen Kosovo gesehen hätten."In einem solchen Kosovo würde aber bestimmt kein Serbe mehr leben wollen - und wenn wir jedem versprechen, einen westlichen Polizisten an seine Seite zu stellen", sagte Lamers.

Er wolle nicht einer Teilung des Kosovo das Wort reden, sagte der CDU-Außenpolitiker.Es stelle sich aber die Frage, "ob sich andere zu ihrem Glück zwingen lassen".Der Westen müsse möglicherweise akzeptieren, daß es unterschiedliche Grundvorstellungen über das wechselseitige Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft gebe."Wir stoßen auf dem Balkan auf eine andere Welt", sagte Lamers.Erforderlich sei eine Lösung, die dieser Welt angemessen sei, auch wenn sie möglicherweise nicht vollständig den Vorstellungen des Westens entspreche.

Der CDU-Politiker betonte, Erfolg oder Mißerfolg eines Krieges hingen immer auch davon ab, wie klar und wie wirklichkeitsnah das damit verbundene politische Ziel sei.In den Verlautbarungen der NATO-Länder fehle es an einer klaren und zugleich realistischen Aussage, welche politische Lösung für das Kosovo nach dem Ende der Kämpfe und der Vertreibung dauerhaft angestrebt werde.Das im Vertrag von Rambouillet angestrebte multiethnische Kosovo könne es jedenfalls wohl nicht mehr sein.

Lamers warnte die Regierung zugleich vor einer "allzu emotionalen Rhetorik".Wer in seine Äußerungen einen moralischen Überschuß lege, verstärke die jedem Krieg innewohnende Tendenz, zum Äußersten zu treiben.Für dieses Äußerste, den Einsatz von Bodentruppen, fehle aber den demokratischen Gesellschaften des Westens die psychische Disposition.Sie seien nicht darauf eingerichtet, einen Krieg mit womöglich vielen Toten auf der eigenen Seite zu führen, wenn es nicht um die eigene Verteidigung gehe."Niemandes Verantwortung reicht weiter, als seine Möglichkeiten reichen", betonte Lamers.Daher komme ein Einsatz von Bodentruppen als Kampftruppen nicht in Frage.

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