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Politik: „Ein Nein zementiert die Teilung“

Ex-Präsident Vassiliou über die Gegner der Vereinigung des geteilten Zypern

GEORGIOS

VASSILIOU (72)

war von 1988 bis 1993 Staatspräsident Zyperns und führte zuletzt die Beitrittsverhandlungen seines Landes mit der EU.

Foto: AFP

Herr Vassiliou, wie werden Sie an diesem Samstag beim Referendum über den Friedensplan abstimmen?

Mit Ja. Denn das Ja ist die Hoffnung Zyperns.

Und mit welchem Ergebnis rechnen Sie?

Ich will keine Prognosen abgeben. Aber ich hoffe, dass die Wähler im letzten Moment erkennen, was uns ein Nein kosten wird.

Auf ein Nein deuten aber alle Umfragen hin. Wovor haben die Zyperngriechen Angst?

Vor den Türken. Sie fürchten, dass die sich nicht an ihre Verpflichtungen halten werden. Unser Präsident Tassos Papadopoulos schürt diese Ängste ja. Die Menschen begreifen nicht, dass sich die Welt geändert hat und dass sich auch die Türkei ändern wird, ändern muss.

Sind Sie mit dem Friedensplan von Kofi Annan denn voll zufrieden?

Natürlich nicht. Aber seine Vorteile überwiegen bei weitem die Nachteile.

Manche Zyperngriechen meinen, wenn sie jetzt mit Nein stimmen, werde es schon bald eine zweite Chance für eine Vereinigung geben.

Wenn sie glauben, dass es einen verbesserten Plan geben könnte, täuschen sie sich. Aber eine neue Abstimmung über diesen Vorschlag schließe ich nicht aus, wenn das Votum am Samstag knapp ausfällt.

Sie haben Zyperns Beitrittsverhandlungen mit der EU geleitet. Welche Auswirkungen hätte ein Nein auf die Beziehungen zur EU?

Sehr negative, fürchte ich. Das hat sich in dieser Woche ja schon gezeigt. In Brüssel fühlt man sich hinters Licht geführt, getäuscht. Unser Präsident Papadopoulos hat den Eindruck erweckt, er unterstütze die Einigungsbemühungen des UN-Generalsekretärs. Jetzt lehnt er sie ab. Das bedeutet einen schweren Vertrauensverlust. Ich schäme mich für unsere Regierung. Was wir jetzt erleben, ist eine beispiellose Desinformationskampagne.

Was wären die praktischen Konsequenzen eines Nein?

Die griechisch-zyprischen Flüchtlinge werden nicht heimkehren, die türkischen Besatzungstruppen werden nicht abziehen, es werden mehr Siedler vom türkischen Festland nach Nordzypern kommen, die Teilung wird zementiert – und man wird uns dafür verantwortlich machen.

Trotzdem gibt es eine überwältigende Kampagne für ein Nein …

… die Millionen kostet.

Woher kommt das Geld?

Von manchen Unternehmern, aber auch von Exilzyprern und Griechen, die mit der Idee aufgewachsen sind, dass die Türkei unser Erzfeind ist, dem wir nicht trauen können und den wir bekämpfen müssen. Für diese Leute ist die Vereinigung Zyperns Verrat. Sie haben nicht begriffen, dass sich die Welt verändert hat.

Das Gespräch führte Gerd Höhler.

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