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Politik: Ein Netz gegen den Terror

Verfassungsschutz regelt Informationsfluss neu

Von Frank Jansen

Berlin - Die deutschen Innenminister hielten die Reform geheim: Am 1. Juni ist beinahe lautlos eine Regelung in Kraft getreten, die eine effektivere Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden der Länder und des Bundes im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus festschreibt. Aufgeschreckt durch die Anschläge in Madrid beschlossen die Innenminister von Bund und Ländern nach Informationen des Tagesspiegels am 17. Mai, dass die Landesbehörden für Verfassungsschutz „unverzüglich“ ihre einschlägigen Informationen dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln zu übermitteln haben. Das BfV wird im Gegenzug „zentral alle Erkenntnisse im Bereich des islamistischen Terrorismus“ auswerten und „die Durchführung der zu ergreifenden Maßnahmen“ koordinieren.

Damit sind die Länder, sonst penibel auf ihre Eigenständigkeit bedacht, eine unübliche Selbstverpflichtung eingegangen und haben die Kompetenz des Bundesamtes für Verfassungsschutz gestärkt. „Das wäre, so zynisch es klingt, ohne Madrid nicht möglich gewesen“, hieß es am Donnerstag in Sicherheitskreisen. Noch am 17. Mai hatten Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und BfV-Präsident Heinz Fromm in Berlin öffentlich die Sorge geäußert, nach einem islamistischen Anschlag in Deutschland könnte sich herausstellen, dass eine Landesbehörde für Verfassungsschutz den Attentäter schon kannte – aber die Erkenntnisse für sich behielt.

Den Entwurf für die Neuregelung hatte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geliefert. Anfang April präsentierte er den Amtskollegen einen neuen Paragrafen 6 a der „Koordinierungsrichtlinie“, die das Zusammenwirken der Verfassungsschützer von Bund und Ländern regelt. Körtings Vorschlag wurde im Mai übernommen. Die Minister warteten nicht, wie sonst üblich, bis zum nächsten turnusgemäßen Treffen ab, das Anfang Juli stattfindet. Vielmehr verständigten sie sich auf ein „Umlaufverfahren“. Das bedeutete in diesem Fall, der Entwurf lag am 17. Mai in allen Ländern vor und trat, da innerhalb einer Woche niemand widersprach, am 1. Juni in Kraft.

Bedenken gibt es dennoch. In Absatz 3 des neuen Paragrafen der Richtlinie heißt es, das BfV nehme auch „Querschnittsverwertungen aller Informationen aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus vor“. Experten in den Ländern sind sich aber nicht im Klaren, ob sie nun schneller an den beim BfV eingehenden Informationen ausländischer Geheimdienste teilhaben können.

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