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Politik: Ein Scherzbold, der Böses dabei denkt?

Die SPD-Zentrale dementiert eine Intrige – die hätte Olaf Scholz gerade noch gefehlt

Ein Scherzbold sei’s gewesen – das soll die offizielle Lesart dafür sein, dass ein Mitarbeiter des Willy-Brandt-Hauses noch vor dem Bochumer Parteitag Wahlzettel mit dem Namen Sigmar Gabriel drucken ließ. Wahlzettel für das Amt des SPD-Generalsekretärs. Nur in geringerer Anzahl, nur in Berlin zur Vorbereitung des Treffens der Wahlkommission, nur für alle Eventualitäten. Nicht allein Gabriel findet das zum Lachen. Auf seine Kosten ist das Ganze gegangen, so empfindet er es, und da hört der Spaß auf. Die Konsequenzen für den Mitarbeiter werden Gabriel und seinen Anhängern Aufschluss geben, wie ernst es der Parteizentrale ist, den Ruf des Fraktionsvorsitzenden im niedersächsischen Landtag wiederherzustellen.

Dass Gabriel mit seiner Empörung nicht alleine steht, macht der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse klar. Der sieht sogar etwas „Perfides“ in dem Vorgang und erwartet, dass man sich den Verantwortlichen „vor die Brust nimmt“. Das ist deutlich. Zumal die weitergehenden Fragen, die sich auch andere – vorsichtshalber ohne Namensnennung – in der Führung stellen, lauten, ob ein Mitarbeiter „der unteren Ebene“ solche Aktionen wirklich ohne Zustimmung von oben planen kann. Oder ob Scholz die Zentrale im Griff hat. Und warum, wenn es doch nur ein Scherz sein sollte, nicht der Name offen blieb, nicht Paulchen Panther oder Helmut Kohl auf dem Wahlzettel stand.

Gabriel hat schon in Bochum mit dem knapp wiedergewählten Generalsekretär Olaf Scholz gesprochen; das „Netzwerk“ wird ihn in Hamburg besuchen. Scholz soll sich darin eingebunden fühlen. Außerdem hat Bundeskanzler und Parteichef Gerhard Schröder inzwischen doch klar gemacht, dass er einen allzu sehr nach Höherem strebenden Gabriel immer wieder deckeln wird. Abnehmen und Mund halten, das erwartet er von seinem Nachnachfolger in Niedersachsen – der ihn darüber hinaus durch seine bloße Präsenz auch immer wieder daran erinnert, welchen Anteil die Bundes-SPD an den Wahlschlappen in den Ländern hat.

Matthias Platzeck, Brandenburgs Ministerpräsident, ist der nächste Hoffnungsträger aus der Generation der 40- bis 50-Jährigen, der bangen muss. Der Generation, in der Schröder nach eigenem Bekunden seinen Nachfolger sucht. Gabriel und Platzeck galten da eine Zeit als gutes Doppel. Das „Netzwerk“ will beide bei der bevorstehenden Wahl zum Parteipräsidium unterstützen.

Auch Scholz gehört in diese Generation, und der Kanzler hält an ihm fest. Wie eisern, muss sich noch zeigen, denn die neue „Arbeitsteilung“ mit Fraktionschef Franz Müntefering wird allenthalben als Zurücksetzung von Scholz gesehen. Thierse sagt: „Er hat noch eine Chance.“ In den Landesverbänden wird das nicht überall so gesehen, nicht bei den meisten Niedersachsen, Baden-Württembergern, Hessen, Nordrhein-Westfalen. Deren Chef, Harald Schartau, ist bereits vor dem Bochumer Treffen als Scholz-Nachfolger im Gespräch gewesen; nur für alle Eventualitäten. Und die Baden-Württemberger, SPD-Vizin Ute Vogt voran, denken längst über eine neue Aufgabe für Scholz nach. Dafür gäbe es nur eine Chance: bei einer Kabinettsumbildung Mitte 2004. Darum ranken sich längst manche Spekulationen. Zum Beispiel auch die, dass Peer Steinbrück aus Düsseldorf kommt, um die Subventionen als Bundesfinanzminister zu kürzen.

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