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Politik: „Ein Signal für Änderungen im Irak“

EU-Chefdiplomat Solana über den Rücktritt von US-Verteidigungsminister Rumsfeld und den Libanon

Herr Solana, wie bewerten Sie den Sieg der Demokraten bei den US-Kongresswahlen?

Der Wahlausgang zeigt eine klare Änderung der Stimmung in der amerikanischen Bevölkerung. Er ist das Ergebnis eines Unbehagens angesichts der Entwicklung im Irak.

Wie wird sich das Wahlergebnis auf das transatlantische Verhältnis auswirken? Wird die US-Regierung die EU jetzt stärker in die Pflicht nehmen, sich bei internationalen Krisen zu engagieren?

Das erwarte ich nicht. Wir tun so viel, wie wir können. Die Zusammenarbeit mit den USA läuft ziemlich gut. Wir streben insbesondere jetzt diese Zusammenarbeit weiter an – wie beispielsweise in Afghanistan, im Nahen und Mittleren Osten und auf dem Balkan.

Was ist nach dem Rücktritt von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu erwarten?

Das ist so kurz nach der Wahl sehr schwer zu sagen. Man kann aber Folgendes feststellen: Mit dem Ausscheiden des Verteidigungsministers aus dem Amt wollte US-Präsident George W. Bush der Öffentlichkeit ein Signal geben, dass es einige Änderungen bei der Kriegsführung im Irak geben wird.

Kommen wir zum Libanon. Sie haben die Nahost-Region Ende Oktober besucht. Die Situation im Libanon ist derzeit sehr fragil, weil die Hisbollah die Stellung der prosyrischen Kräfte in der Regierung in Beirut ausbauen möchte. Ein Anlass zur Sorge?

Bei den Beratungen in Beirut geht es um zwei Dinge: die Diskussion über das Wahlrecht und eine Erweiterung der Regierung, also eine Kooperation mit den Kräften von General Michel Aoun …

… einem Verbündeten der Hisbollah.

Der libanesische Regierungschef Siniora will den Charakter seiner Regierung nicht ändern. Seine Regierung hat die Situation im vergangenen Sommer während einer sehr schwierigen Phase mit unglaublicher Würde gemeistert. Siniora ist eine ausgezeichnete Persönlichkeit. Er hat sein Land in sehr schweren Momenten gut geführt. Ich glaube nicht, dass es fair wäre, wenn die Gespräche über eine Regierungsumbildung zu einer Sperrminorität der prosyrischen Kräfte im Kabinett führen würden. Dies hätte zum Ergebnis, dass die Regierung schwieriger zu lenken wäre. Der Libanon braucht jetzt aber eine Regierung, die zu schnellen Entscheidungen in der Lage ist.

Die Deutsche Marine soll den Waffenschmuggel in den Libanon von der Seeseite her unterbinden. Wie lange wird es dauern, bis die libanesische Armee in der Lage ist, das Land vollständig selbst zu sichern?

Das ist schwer zu sagen. Der Einsatz hat gerade erst begonnen. Wenn wir als Europäer beim Wiederaufbau des Libanon unsere Verantwortung übernehmen, dann werden wir das gemeinsam mit dem libanesischen Volk und der libanesischen Armee für eine begrenzte Zeitdauer tun müssen. Erst sagten alle, dass die libanesische Armee wohl nie in den Süden des Landes vorrücken würde. Genau das ist aber jetzt der Fall. Im Süden arbeiten die libanesischen Soldaten eng mit den Unifil-Truppen der UN zusammen. Die libanesische Armee ist also eine echte Armee – die Armee eines Landes mit zahlreichen Spannungen. Ich bin zuversichtlich, dass die libanesische Armee die notwendige Stärke erreichen wird. Das wird aber nicht über Nacht passieren.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

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