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Politik: „Ein Szenario wie im Irak verhindern“

In der SPD-Fraktion wächst die Skepsis gegenüber dem Einsatz deutscher Tornados in Afghanistan

Von Hans Monath

Der Einsatz der Bundeswehr im Norden Afghanistans galt wegen seines zivilen Charakters auch in den Reihen der SPD-Fraktion lange als Vorzeigemission. Seitdem manche Nato-Partner die Deutschen zu Kampfeinsätzen im unruhigen Süden drängen und aus Brüssel die Anfrage nach deutschen Aufklärungs-Tornados einging, wächst in der SPD die Furcht davor, dass sich der Charakter der Mission radikal ändern könnte.

Zwar verkündeten die Amerikaner beim Treffen der Nato-Außenminister Ende der Woche eine Strategieänderung. Eine der Lehren der Bush-Regierung aus dem Irak-Krieg lautet, dass dort zu wenig für den zivilen Wiederaufbau investiert wurde. Deshalb wird für Afghanistan ein Personal- und Finanzpaket geschnürt, das „die Herzen gewinnen“ soll, so Condoleezza Rice. Doch das Drängen des großen Partners auf eine Frühjahrsoffensive und der Druck auf die Verbündeten, möglichst noch mehr Militär zu schicken, schürt in der SPD-Fraktion die Befürchtung, dass Deutschland in eine Strategie hineingezogen wird, die Terrorgefahr eher befördert als vermindert.

„Wir müssen alles tun, damit wir nicht in eine schärfer werdende kriegerische Auseinandersetzung mit hineingezogen werden“, sagt der außenpolitische Fraktionssprecher, Gert Weisskirchen. Der Abgeordnete warnt, dass ein Vorgehen, das zu stark auf das Militär setze, die ohnehin prekäre Lage in dem Land am Hindukusch noch verschlimmern könnte: „Wir wollen ein Szenario verhindern, wie wir es im Irak beobachten können.“

SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen kritisiert den Druck, den Rice entfaltete: „Bevor man nach mehr Waffen fragt, muss man überlegen, ob die gewählte Strategie überhaupt richtig ist“, sagte er – und bezieht diese Mahnung ausdrücklich auch auf den Tornado-Einsatz. Obwohl ein offizieller Beschluss noch aussteht, hat sich die Bundesregierung längst entschieden, die Aufklärungsflugzeuge zu schicken, auch um so neuen Forderungen nach dem Einsatz deutscher Kampftruppen für den Süden vorzubeugen. Auch bei vielen anderen Abgeordneten sieht der Außenpolitiker „eine gewisse Irritation“ über die Äußerungen von Rice.

Einheitlich ist die Haltung der Fraktion gegenüber den Nato-Militäreinsätzen im Süden aber nicht. So warnt der Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels vor einer Selbsttäuschung: „Es wäre auch heute schon eine Heuchelei, wenn man behaupten wollte, wir Deutschen hätten mit der Kriegführung in Südafghanistan nichts zu tun.“ Auch die Einsätze im Süden würden politisch und militärisch von Deutschen mitverantwortet: „Ohne den Erfolg von Isaf im Süden würde auch die Mission im Norden scheitern.“

Einig sind sich die Vertreter des linken Flügels und Bartels aber in der Einschätzung, dass der Bundestag neu entscheiden soll, bevor die Tornado-Piloten und ihre Helfer nach Afghanistan starten: „Wir brauchen ein neues Mandat, weil der Einsatzort sich verändert und die Zahl der Soldaten höher ausfallen wird“, sagt Bartels. Nachdem deutsche Soldaten bislang vor allem im Norden eingesetzt gewesen seien, übernehme Deutschland nun „eine zusätzliche Mitverantwortung für die Gesamtoperation in allen Sektoren“.

Bevor es dazu kommt, müssen Fraktionschef Peter Struck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier in den eigenen Reihen noch einige Überzeugungsarbeit leisten. Nach Informationen des Tagesspiegels wollen Teile der Fraktion Garantien dafür verlangen, dass die deutschen Tornados ihre Informationen nicht unmittelbar zur Zielauswahl für die Kampfführung der Nato-Partner weitergeben. Die Fraktion wird deshalb auch über sehr technische Details debattieren müssen.

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