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Politik: Ein (un)anständiges Angebot

Die Kommunen könnten durch das Hartz-Paket entlastet werden – und das löst Nachdenken aus

Berlin - „Das ist ein Angebot, das es in den letzten 30 Jahren so nicht gegeben hat.“ Sagte am Donnerstag der baden- württembergische Bundesratsminister Wolfgang Reinhart (CDU). „Das ist ein Betrugsversuch“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Beide meinten das Angebot der Bundesregierung, den Kommunen die Last der Grundsicherung im Alter abzunehmen. Und zwar im Rahmen des Hartz-IV-Pakets, das am Mittwoch mit den schwarz- gelben Stimmen im Vermittlungsausschuss angenommen worden war (und an diesem Freitag auch im Bundestag eine Mehrheit finden wird), für das jedoch bis Donnerstagabend im Bundesrat die notwendige Ländermehrheit noch fehlte.

Mit dem schon am vorigen Sonntag verkündeten Angebot an die Kommunen – insgesamt zwölf Milliarden Euro von 2012 bis 2015 – verfolgte die Bundesregierung einen simplen Zweck: Jene Landespolitiker, die dem Hartz-Paket nicht zustimmen wollten, sollten unter massiven Druck ihrer eigenen Kommunalpolitiker kommen, um sich doch noch zu bewegen. „Wenn ich die Interessen meiner Gemeinden ernst nehme, dann muss ich zustimmen“, merkte Reinhart spitz an.

Beck dagegen erklärte im Deutschlandfunk kategorisch, er werde trotz dieses Angebots die Hand im Bundesrat nicht heben, die Länder würden sich von der Bundesregierung nicht „mit einem vergifteten Köder“ über den Tisch ziehen lassen. Denn das verlockende Angebot sei gar keines, die in Aussicht gestellte Hilfe sei den Kommunen nämlich längst zugesagt worden. Was gar nicht völlig falsch war: Schwarz-Gelb hatte den Kommunen in der Reformkommission zu den Gemeindefinanzen schon im Herbst angeboten, die Grundsicherung zu übernehmen – wenn denn die Kommunalseite sich etwa bei der Reform der Gewerbesteuer bewege oder einem kommunalen Zuschlagsrecht bei der Einkommensteuer zustimme. Diese Bedingungen, versicherte die Bundesregierung nun, seien mit dem neuen Angebot aber entfallen. Was zur Frage führt, was dann in der Gemeindefinanzkommission noch besprochen werden soll.

Insofern war das Angebot für die Kommunen gar nicht so giftig, denn ein Versanden der Gemeindefinanzkommission dürfte ihnen nicht ganz ungelegen kommen. Dann wäre die (vor allem von der FDP vorgetragene) Forderung nach einer Abschaffung oder zumindest Verringerung der Gewerbesteuer vom Tisch. Zwar konnte man aus einem internen Papier des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) herauslesen, dass das Grundsicherungsangebot eigentlich nur ein Nullsummenspiel ist. Denn der versprochenen Entlastung von zwölf Milliarden Euro stehen neue Kosten für das geplante Bildungspaket für Kinder entgegen und die Ausgaben für die Unterkunftskosten der Hartz-IV-Empfänger werden nach wie vor nicht vollständig kompensiert. Schwarz- Gelb forderte zuletzt, dass die Kommunen (als Gegenleistung für die Übernahme der Grundsicherung) bei den Kosten der Unterkunft auf ihre Ansprüche an den Bund verzichten. Freilich lässt sich das schlecht in ein Gesetz schreiben, weshalb die Kommunen auch kaum dauerhaft verzichten werden.

DStGB-Geschäftsführer Gerd Landsberg stellte klar, dass man nicht alles in einen Topf werfen wolle und die einzelnen Finanzthemen, um die Bund und Kommunen streiten, klar trennen müsse. Beim Landkreistag sprach man weiterhin von einem „attraktiven Angebot“, Städtetagspräsidentin Petra Roth begrüßte es nochmals. Die drei Kommunalverbände dringen allerdings darauf, dass das Bildungspaket mit einer „Revisionsklausel“ ausgestattet wird, um auf steigende Kosten reagieren zu können. Derzeit bietet die Bundesregierung den Kommunen eine Erstattung von 1,5 Milliarden Euro an.

Dass FDP-Generalsekretär Christian Lindner das verlockende Angebot noch um den Hinweis ergänzte, wenn das Hartz-IV-Paket an diesem Freitag im Bundesrat nicht durchkomme, könnten die Bedingungen für die Kommunen demnächst wieder andere sein, gefiel den Kommunalverbänden zwar nicht. Der Städtetag warf der FDP auch „Gutsherrenart“ vor. Am gesteigerten Interesse an einer Entlastung änderte Lindners Drohung aber nichts. Kurt Beck blieb trotzdem dabei: Die Hand bleibt unten.

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