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Kampf seit 2006. Die Dauer von Mollaths Unterbringung in der Psychiatrie wirft nun neue Fragen auf. Foto: dpa

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Politik: Ein Vorgang, zwei Versionen

CSU und FDP sehen zum Ende des Untersuchungsausschusses im Fall Mollath keine Fehler – die Opposition ist anderer Meinung.

München - Unterschiedlicher könnten die Bewertungen der Geschehnisse im Fall des Psychiatrie-Insassen Gustl Mollath kaum sein. Die Opposition fordert wegen grober Versäumnisse dringend personelle Konsequenzen. CSU und FDP hingegen sehen keinerlei Fehler. So ist es im Abschlussbericht zu lesen, den beide Parteien zum Ende des Untersuchungsausschusses im bayerischen Landtag am Dienstag ohne die Stimmen von SPD, Grünen und Freien Wählern (FW) verabschiedeten. Es sei „kein Fehlverhalten“ von Justizministerin Beate Merk (CSU) und den Behörden zu erkennen, heißt es in dem Papier. Vielmehr habe Merk Landtag und Öffentlichkeit „ausreichend informiert“.

Die bayerische Opposition sieht das ganz anders. Merk habe „Landtag und Öffentlichkeit immer wieder mit Halb- und Unwahrheiten bedient“, sagt Grünen-Fraktionschef Martin Runge. FW-Vertreter Florian Streibl verlangt zwei Entlassungen: die von Mollath aus der Psychiatrie und die Merks aus dem Ministeramt. Und Inge Aures (SPD) sagt zu Merk: „Wenn sie Charakter hätte, würde sie selbst den Hut nehmen.“

Gustl Mollath, heute 56 Jahre alt, hatte seine Exfrau wegen Schwarzgeldgeschäften angezeigt. In einem Prozess vor dem Landgericht Nürnberg wurde ihm 2006 vorgeworfen, seine Exfrau brutal zusammengeschlagen und gewürgt sowie Autoreifen zerstochen zu haben. Er wurde für gemeingefährlich, unzurechnungsfähig und wahnkrank erklärt und in die geschlossene Psychiatrie eingesperrt. Seither kämpft er um seine Freilassung.

Die Regierung warf der Opposition schon vor Beginn des Untersuchungsausschusses vor, sie habe die Einsetzung des Gremiums nur aus Wahlkampfzwecken durchgesetzt. Es stünde gar nicht in der Macht des Parlaments, den Fall umfassend aufzuarbeiten. Die Opposition berief sich darauf, die Rolle von Beate Merk zu durchleuchten.

Wer in die Feinarbeit einsteigt, erkennt Schwächen Merks. Mollaths Schwarzgeldanzeige wurde schon von einem internen Bericht der Hypo-Vereinsbank bestätigt, als Merk noch den Wahn der Psychiater verteidigte. Zudem hatte sie längere Zeit verschwiegen, dass ihrem Ministerium die eidesstattliche Erklärung des Mollath-Freundes Edward Braun vorlag. In dieser berichtet Braun über einen Anruf von Mollaths Frau, in dem sie drohte dass sie ihrem Mann etwas anhängen werde, wenn er sie anzeige, und dass man ihn auf seinen Geisteszustand überprüfen müsse.

Im Ausschuss traten auch die Beteiligten auf. Der Richter, der Mollath offenbar permanent angebrüllt und ihm verboten hatte, über Schwarzgeld zu reden. Die Staatsanwältin, die Mollaths Anzeigen nicht las, sondern von vornherein entschied, dass da nichts dran sei. Vor allem aber sorgte Mollath selbst für ein denkwürdiges Erlebnis im bayerischen Landtag, als er zweieinhalb Stunden aussagte. Es zeigte sich, dass dieser Mann völlig strukturiert denkt und sich äußert, dass er ruhig ist und von großer Höflichkeit.

Mittlerweile prüft das Verfassungsgericht eine Beschwerde von Mollath gegen die Unterbringung. Zudem will das Landgericht Regensburg bis 19. Juli entscheiden, ob der Prozess von 2006 wegen massiver Fehler noch einmal neu aufgenommen wird. Beate Merk hat schon ihre Stellungnahme nach Karlsruhe geschickt.

Einerseits schreibt sie, dass die Entscheidung, Mollath weiter in der geschlossenen Anstalt zu behalten, seine Grundrechte nicht verletzt habe. Andererseits stellt sie infrage, ob die Dauer der Unterbringung von Mollath „noch mit der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht“. Nun hat die Ministerin sogar positive Worte für die Freunde und Unterstützer des Mannes parat. Mollath habe „in der Öffentlichkeit großen Zuspruch erfahren“. Nun müsse abgeklärt werden, „ob und inwieweit diese bestärkenden Geschehnisse positiven Einfluss auf Herrn Mollath haben“. Patrick Guyton

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