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Politik: Ein Zeichen für Europa

Das Straßburger Parlament fordert von den Regierungschefs klare Signale gegen die Krise der Union

Das Europäische Parlament hat die 25 Regierungen der EU aufgefordert, beim Gipfeltreffen in der nächsten Woche ein klares politisches Zeichen zu setzen. Europa müsse beweisen, dass es nicht resigniert, sondern handlungsfähig bleibt, so waren sich alle Parteien bei der Straßburger Parlamentsdebatte über die gescheiterten Verfassungsreferenden einig.

Dazu brauche die EU aber mehr Zeit, sagte der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Alle müssten eine Denkpause einlegen, um Antworten auf die Unzufriedenheit und Unsicherheit vieler zu finden, die in den gescheiterten Volksbefragungen zum Ausdruck gekommen seien. Die christdemokratisch-konservative Europäische Volkspartei (EVP) schlug vor, noch geplante Referenden, etwa in Portugal, Polen, Tschechien und Großbritannien, auf Eis zu legen. Erst müsse Klarheit geschaffen werden, wie es weitergehe.

Grüne und Christdemokraten regten an, wieder einen Konvent einzuberufen, in dem Parlamente und Bürger stark vertreten sein müssten. Das Nein bei den zwei Referenden habe weniger der neuen EU-Verfassung gegolten als der gegenwärtigen Politik der EU-Regierungen. „Wir müssen deshalb in einem neuen Konvent die ganze gegenwärtige EU-Politik auf den Prüfstand stellen und durchlüften“, sagte Daniel Cohn-Bendit, der Fraktionschef der europäischen Grünen.

Die Christdemokraten wollen den Konvent erst am Ende der Denkpause, Mitte nächsten Jahres. „Wir brauchen jetzt eine Zeit der Konsolidierung, in der wir den Gefühlen der Bürger Rechnung tragen müssen“, heißt es bei der EVP. Die EU müsse die Zeit nutzen, um zu erklären, wieso Europa Verfassung und Reformen brauche. Sie müsse aber auch Grenzen der Erweiterung setzen, die vielen zu schnell gegangen sei. EVP-Fraktionschef Hans-Gert Pöttering warnte vor einer „politischen, geografischen und kulturellen Überdehnung“ der EU. Nach dem Warnsignal der Bürger müsse deutlich gemacht werden, dass die Verhandlungen mit der Türkei „nicht zwangsläufig“ zur EU-Mitgliedschaft führen dürften.

Alle Redner waren sich einig, dass Franzosen und Niederländer vor allem Unzufriedenheit mit den Regierenden zum Ausdruck gebracht hätten, ihre Ängste vor der Globalisierung, vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und des sozialen Schutzes. Der Fraktionschef der europäischen Sozialdemokraten, Martin Schulz, warf den Regierungen vor, Europa oft als Sündenbock zu missbrauchen. „Wir haben jetzt die Quittung für all die Jahre bekommen, in denen sich die Regierungen mit den Erfolgen der europäischen Politik geschmückt haben und die Schuld an Fehlschlägen auf Brüssel geschoben haben.“ Die Einigung Europas habe nach dem Krieg zu Frieden und Demokratie geführt, sagte der SPD-Politiker. Die EU habe deshalb das „Grundvertrauen der Bürger“ besessen. Doch jetzt gehe es um Arbeitsplätze, soziale Sicherheit, Wirtschaftsaufschwung. Und da könnten weder die Regierungen noch die EU ihre Versprechungen gegenüber den Bürgern einlösen.

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