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Einberufung: Karlsruhe prüft Wehrgerechtigkeit nicht

Das Kölner Verwaltungsgericht hatte die Wehrpflicht als gesetzwidrig eingestuft und Karlsruhe angerufen. Doch das Gericht lehnte eine Überprüfung ab.

Das Bundesverfassungsgericht hat eine inhaltliche Überprüfung der Wehrpflicht erneut abgelehnt. Das Karlsruher Gericht wies einen Vorstoß des Verwaltungsgerichts Köln als unzulässig ab, das die Wehrpflicht wegen der stark gesunkenen Zahl der Einberufungen für verfassungswidrig hält. Die Verwaltungsrichter hätten ihre "Richtervorlage" nicht hinreichend begründet, hieß es in einem veröffentlichten Beschluss.

Auslöser des Verfahrens war ein inzwischen 20-Jähriger, der gegen seine Einberufung geklagt hatte. Das Kölner Gericht, das bereits mehrfach gegen die Wehrpflicht entschieden hat, setzte den Prozess aus und rief das Bundesverfassungsgericht an. Es verstoße gegen die Wehrgerechtigkeit, dass inzwischen nicht einmal mehr jeder fünfte Mann eines Geburtsjahrgangs einberufen werde.

Die Wehrgerechtigkeit gehört zu den obersten Grundsätzen der deutschen Wehrpflicht. Durch sie wird garantiert, dass nicht zufällig oder willkürlich bestimmt wird, welcher deutsche Mann zum Wehrdienst eingezogen wird.

Wegen veränderter Aufgaben der Bundeswehr ist die Zahl der Wehrdienstplätze in den vergangenen Jahren kontinuierlich reduziert und dem Bedarf der Bundeswehr angepasst worden. Die Zahl der einberufenen Wehrpflichtigen ist von gut 160.000 im Jahr 1998 auf knapp 68.000 im Jahr 2007 gesunken.

Nach den Worten der Verfassungsrichter hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nur "pauschal und unzureichend" begründet. Es hätte sich zunächst mit den Argumenten des Bundesverwaltungsgerichts auseinandersetzen müssen, das die Wehrpflicht vor vier Jahren unbeanstandet ließ. Danach sei das Verhältnis zwischen der Zahl der Einberufenen und der Stärke eines Geburtenjahrgangs nicht ausschlaggebend. Entscheidend für die Wehrgerechtigkeit sei, dass die "tatsächlich verfügbaren Wehrpflichtigen" möglichst umfassend eingezogen würden. Dabei werden beispielsweise Untaugliche, Kriegsdienstverweigerer und junge Männer, die von Wehrdienstausnahmen profitieren, nicht mitgerechnet.

Auch dass Ausnahmen für eingeschränkt Taugliche sowie für Verheiratete oder Wehrpflichtige mit einem Ausbildungsvertrag die Wehrpflicht in eine Schieflage bringen könnten, überzeugte die Karlsruher Richter nicht. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr hätten das Anforderungsprofil verändert, so dass sich daraus auch Änderungen hinsichtlich der Eignung von Wehrpflichtigen ergeben könnten.

Damit hat Karlsruhe bereits zum wiederholten Mal abgelehnt, sich abschließend zur Frage der Wehrgerechtigkeit angesichts sinkender Einberufungszahlen zu äußern. 2002 wies das Gericht eine Vorlage des Landgerichts Potsdam zurück, ebenfalls wegen mangelhafter Begründung, 2004 ließ das Gericht die gelockerte Einberufungspraxis in einer Eilentscheidung unbeanstandet.  

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, bm

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