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Politik: Eine Brücke für die Lücke?

Clement wirft Kritikern „unerträgliche Hysterie“ vor – doch deutet sich bei Arbeitslosengeld II Lösung an

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat Kritik auch aus den eigenen Reihen an der Hartz-Reform scharf zurückgewiesen: „Die Art und Weise, wie manche Politiker und Verbände Hysterie im Volk erzeugen, ist unerträglich“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Er bekräftigte seine Position, Langzeitarbeitslosen, die ab 2005 Arbeitslosengeld II (ALG II) erhalten, dieses zum ersten Mal am 1. Februar auszuzahlen. Grund dafür ist, dass das ALG II anders als Arbeitslosenhilfe nicht als Lohnersatzleistung gilt und deshalb am Monatsersten ausgezahlt wird. Es dürfte doch verständlich sein, sagte er, dass man nicht am 31. Dezember Geld zahle und dann am 1. Januar gleich wieder.

Zugleich machte Clement deutlich, dass es nicht „zu unvertretbaren Härten und Ungerechtigkeiten“ kommen soll. „Es soll und wird – in Ostdeutschland wie in Westdeutschland – keine Massenumzüge, kein Abräumen von Kindersparbüchern und Altersvorsorgekonten geben.“ CSU-Chef Edmund Stoiber forderte Clement auf, mit einer Rechtsverordnung Härtefälle zu definieren und so die Diskussion um die Anrechnung von Kinder-Sparbüchern auf das künftige Arbeitslosengeld II zu beenden.

Clements Kritiker sehen eine Auszahlungslücke. Sie betreffe die Langzeitarbeitslosen, die derzeit noch Arbeitslosenhilfe beziehen. Das sind rund 2,1 Millionen Menschen. Die 900 000 so genannten erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger dagegen, die ab 2005 ebenfalls das ALG II bekommen, erhalten die Leistung zum ersten Mal am 1. Januar, da sie zum letzten Mal Sozialhilfe am 1. Dezember bekommen haben. Clement geht deshalb davon aus, dass keinem Langzeitarbeitslosen im Januar das Geld für Wohnung und Lebensunterhalt fehlt, egal ob er Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bezieht. Weil die Arbeitslosenhilfeempfänger am 31. Dezember 2004 vom Arbeitsamt Geld bekommen, können sie ihre Miete Anfang Januar bezahlen und ihren Lebensunterhalt im Januar bestreiten. Die Gegner des Ministers argumentieren, das Dezember-Geld sei eigentlich für den Lebensunterhalt im Dezember vorgesehen. Clement hält dagegen, jeder normale Arbeitnehmer kalkuliere seine Monatsausgaben mit dem Geld, das er am Ende des Vormonats erhalten habe.

Auch Menschen, die etwa Mitte Dezember arbeitslos werden und – etwa weil sie zu kurz beschäftigt waren – keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, dürfte keine Zahlungslücke im Januar entstehen. Wenn sie nachweisen können, dass sie weder über ein ausreichendes Dezembereinkommen noch über Rücklagen verfügen, dann werden sie Anfang Januar zum ersten Mal ihr ALG II erhalten.

Nachdem in den vergangenen Tagen auch innerhalb der Koalition Zweifel daran entstanden waren, ob es gerecht ist, das ALG II an ehemalige Arbeitslosenhilfeempfänger erstmals am 1. Februar auszuzahlen, hatte Clement seine Bereitschaft signalisiert, bis Ende August an einer Klärung zu arbeiten. In Regierungskreisen heißt es, die Einführung einer Härtefallklausel werde geprüft.

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