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Nicht doch! Die Proteste gegen das Wahlergebnis seien „nichts Außergewöhnliches“, sagte Wladimir Putin in seiner Fernsehansprache. Foto: Alexey Nikolsky/dpa

© dpa

Politik: Eine Webcam in jedes Wahllokal

Bei seinem ersten großen Fernsehauftritt nach der Abstimmung geht Putin auf Vorwürfe nur indirekt ein.

Russland lasse sich kein im Ausland entworfenes Konzept zur Destabilisierung aufzwingen, warnte Regierungschef Wladimir Putin, der sich bei den Präsidentenwahlen im März erneut um den Chefsessel im Kreml bewirbt, in seiner Bürger-Fragestunde am Donnerstag. „Wir kennen die Ereignisse der Orangenen Revolution in der Ukraine. Einige unserer Oppositionspolitiker arbeiteten dabei offiziell als Berater. Nun übertragen sie diese Praktiken auf den russischen Boden“, sagte Putin.

Die Fragestunde, bereits die zehnte, wie immer mit Konferenzschaltungen in mehrere Regionen und von den überregionalen TV-Kanälen live übertragen, war Putins erster großer Fernsehauftritt seit den umstrittenen Parlamentswahlen am 4. Dezember und den landesweiten Protesten wegen Manipulation am Wochenende danach. Und Putin – dunkler Anzug, dunkelrote, weiß getupfte Krawatte – setzte auf Vorwärtsverteidigung. Die Kundgebungen seien „nichts Außergewöhnliches“. Dass die Menschen sich zu Prozessen äußern, die in Politik und Wirtschaft ablaufen, sei absolut normal, so lange alle im Rahmen des Gesetzes handelten.

Auf die Wahlfälschungsvorwürfe der Protestler, die auch seinen eigenen Rücktritt und die Zulassung aller oppositionellen Parteien forderten, ging Putin zwar wieder nicht besonders ein. Nur indirekt, indem er maximale Transparenz bei den Präsidentenwahlen im März versprach. Dazu bat er die Zentrale Wahlkommission, in allen Wahllokalen – landesweit rund 90 000 – Webcams aufzustellen. So könne jeder in Echtzeit verfolgen, „was an jeder konkreten Urne passiert“. Auch die Opposition, die die Möglichkeit haben müsse, „das Geschehen in den Wahllokalen in vollem Umfang zu kontrollieren“. Das würde jeden Fälschungsverdacht ausräumen. Auch müsste sichergestellt werden, dass alle Parlamentsparteien ihre Vertreter in den regionalen Wahlkommissionen haben. Gleichzeitig forderte Putin jedoch, Russlands politisches System müsse so verändert werden, dass es auf Dauer immun sei gegen „Versuche ausländischer Gauner, Einfluss auf innenpolitische Entwicklungen zu nehmen“. Das sei eine ungleich kompliziertere Aufgabe als jene, die es bisher zu lösen galt.

An die Bürger appellierte er, sich im März rege an der Abstimmung zu beteiligen. Allein sie müssten bestimmen, wer Außen- und Sicherheitspolitik gestalten und wer die sozialen und wirtschaftlichen Probleme lösen solle. Falls die Bürger ihm das Vertrauen schenkten, würde er den Job „mit Vergnügen“ und mit dem gleichen Eifer wie bisher erledigen“. Er hänge jedoch nicht an der Macht und würde ohne Unterstützung des Volkes nicht einen Tag auf seinem Sessel bleiben, den Verlust des Vertrauens aber nur im Ergebnis von Wahlen, nicht durch Aktionen der Straße oder im Internet anerkennen.Meinungsseite

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