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Ein Demonstrant verkleidet als Abraham Lincoln: Donald Trump hält er für einen "hoffnungslosen" Fall.

© Zach Gibson/AFP

Eine Woche US-Präsident Trump: Der amerikanische Albtraum

Donald Trump steht zu seinem Wort - und setzt bisher selbstverständliche Grundregeln des Zusammenlebens staatlich außer Kraft. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Seit einer Woche ist Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten. Der Mann steht zu seinem Wort. Er macht, was er angekündigt hat. Schritt für Schritt verändert er Amerika.

Mit der reduzierten Daumen-Zeigefinger-Gestik eines Salafistenpredigers, der ausdrucksarmen Mimik eines B-Movie-Schurken und knappem Wortschatz setzt er als Regierungsprogramm um, was von seinen Anhängern als Heilsversprechen bejubelt, von seinen Gegner als hoffentlich nur verbales Getöse verfolgt worden war.

Immer konnten sich die Menschen in den freiheitlichen Demokratien des Westens darauf verlassen, dass allgemein geltende Sittengesetze von den Regierenden, den Parlamenten und den Gerichten verteidigt würden. Seit der Wahl Donald Trumps müssen sie befürchten, dass selbstverständlich erscheinende Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens nicht etwa durch kriminelle oder extreme Kräfte von unten bedroht, sondern dass sie von oben außer Kraft gesetzt werden könnten.

Präsident stellt Fundament der unveräußerlichen Werte in Frage

Bislang gehörten zu diesen unveräußerlichen Werten die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, welcher Rasse, Religion oder Geschlechts auch immer, und das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Sie sind das Fundament. Die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten vom 4. Juli 1776 mit ihren Zusatzartikeln benennt sie.

Trump ist dabei, all das Stück für Stück außer Kraft zu setzen und das Bild Amerikas so zu verändern, dass es keinen Platz mehr für irgendetwas außerhalb der „weißen“ Norm hat. Gerade hat er festgestellt, dass Folter „funktioniert“, hohe Geheimdienstleute hätten ihm das bestätigt; und schon früher äußerte Trump Sympathien für Waterboarding „und Schlimmeres“.

Um zu wissen, was Hexenjagden und Folter anrichten können, müssen die Amerikaner nicht in das mittelalterliche Europa schauen. Ihre Vorfahren haben das in den Jahren 1692 und 1693 in dem Neuengland-Dörfchen Salem brutal exekutiert: 20 Beschuldigte hingerichtet, 55 unter Folter zu falschen Aussagen gezwungen, 200 der Hexerei beschuldigt.

Trumps Wortwahl und Herabsetzungen drohen Norm zu werden

In einem Land, in dem Millionen Wähler diesem Vereinfacher ihre Stimme gaben, werden sich künftig Menschen vor Gericht oder in anderen Auseinandersetzungen darauf berufen, der Präsident habe „es“ doch auch gesagt.

Wer in der Ära Trump Opfer einer modernen Hexenjagd werden könnte? Minderheiten, sexuelle und ethnische, Muslime, Migranten. In einer aufrüttelnden Rede hat New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio bereits am 21. November, nach der Wahl Trumps, seine Stadt zum Hort fortgeltender Minderheitenrechte erklärt. Die „City upon a Hill“, die der Prediger John Winthrop schon 1630 beschwor, von Menschen aller Art ersehnt und bewohnt, könnte künftig Heimstatt der Verfolgten sein.

Die könnte auch in Kalifornien liegen, das sich ebenfalls weigerte, an einer Verfolgung von Migranten und ihren Familien teilzunehmen. Ihrer Ängste gedachte der Senatsvorsitzender Kevin De León so: „An die Millionen von undokumentierten Migranten, die den Kalifornischen Traum verfolgen und zu ihm beitragen: Sollte die Trump-Regierung eine unmenschliche und übertriebene Massendeportationspolitik vorantreiben, wird der Staat von Kalifornien eure Mauer der Gerechtigkeit sein.“

Dort wäre dann der Hort der Humanität, der die USA immer sein wollten.

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