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Politik: Einer gegen Teufel

Wehrmachtsdeserteur Baumann klagt wegen Beleidigung

Wenn sich Ludwig Baumann ein Ziel setzt, bleibt er hartnäckig am Ball. Jetzt hat der 81- jährige Wehrmachtsdeserteur den baden- württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) wegen Beleidigung von Wehrmachtsdeserteuren angezeigt. Anlass ist Teufels Auftritt auf dem Regierungsempfang zum 90. Geburtstag des Ex-Ministerpräsidenten und früheren NS-Marinerichters Hans Filbinger Mitte September. Teufel wurde mit dem Satz zitiert, er bewundere Filbingers „Klarheit des juristischen Denkens“.

Baumann, Bundesvorsitzender der „Opfer der NS-Militärjustiz“, hält diese Äußerung für eine „schamlose Verhöhnung unserer Opfer“. Die Bremer Staatsanwaltschaft will die Akte an die zuständige Anklagebehörde in Stuttgart weiterleiten, die zu entscheiden hat, ob sie gegen Teufel ein Verfahren einleitet. Filbinger hatte als Ankläger und Marinerichter während der NS-Zeit an Todesurteilen gegen Deserteure mitgewirkt.

Der Bremer Baumann hat mit jahrelanger Überzeugungsarbeit entscheidend dazu beigetragen, dass der Bundestag verurteilte Wehrmachtsdeserteure 1998 und 2002 vom Makel der Vorstrafe befreit hat. Seitdem kämpft er für ein würdiges Gedenken an seine hingerichteten oder in der Haft umgekommenen Leidensgenossen. „Wir haben in ganz Deutschland keine Gedenkstätte“, klagt er. Baumann war einer von 30 000 Deserteuren, die dafür von Militärrichtern zum Tode verurteilt wurden. Sein Urteil wurde schließlich in eine Zuchthausstrafe umgewandelt.

Zeitweilig saß Baumann im sächsischen Torgau ein. „Das war der zentrale Ort unserer Verfolgung“, sagt er. Nach 1945 saßen dort Opfer der stalinistischen Sowjet- und DDR- Justiz ein. Für sie gebe es ein Mahnmal vor dem Gefängnis – „aber nicht für uns“, klagt er. Zwar sei den Deserteuren eine gemeinsame Gedenkstätte mit den Stalinismus-Opfern angeboten worden, aber unter denen hätten sich auch Nazis befunden, „die uns vernommen, gefoltert und verurteilt haben“. Da machte Baumann nicht mit. Jetzt fordert er von der sächsischen CDU-Landesregierung eine eigenständige Gedenkstätte in Torgau.

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