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Politik: Einheit, aber nur katholisch

Nach dem Treffen mit dem Papst suchen die Protestanten das Positive – zufrieden sind die Orthodoxen

Ein Papstbesuch in Deutschland löst immer besondere ökumenische Erwartungen aus: In diesem Land liegen die Wurzeln der Reformation. Hier leben gleich viele Protestanten und Katholiken. Und daher ist man besonders empfänglich für Stimmungen – und Verstimmungen zwischen Katholiken und Protestanten.

Graue Wolken und Nieselregen herrschten, als am Freitagabend nach dem Gespräch mit Benedikt XVI. die Beteiligten im Freien vor die Presse traten. Diesem Wetter dürfte der momentane Zustand der ökumenischen Beziehungen zwischen der katholischen und evangelischen Kirchenleitung entsprechen – auch wenn der EKD-Vorsitzende Bischof Wolfgang Huber sagte, er gehe aus dem Treffen ermutigt heraus. Was sich die 30 Repräsentanten orthodoxer und evangelischer Kirchen jedoch von Papst Benedikt hatten anhören müssen, war im Kern kaum mehr als eine zehnminütige Kurzfassung des umstrittenen Dokumentes „Dominus Iesus“, mit dem der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, schon vor fünf Jahren im Verhältnis zur evangelische Seite erheblichen Flurschaden angerichtet hatte. Die Einheit aller Christen „besteht nach unserer Überzeugung unverlierbar in der katholischen Kirche“, erklärte der Papst. Zwar machten „unsere Spaltungen uns vor den Menschen unglaubwürdig“. Doch dürfe es keinen Dialog um den Preis der Wahrheit geben – und deren Ort steht für den Pontifex maximus eindeutig fest: Die volle Einheit der Christen geht für ihn nur zusammen mit „wahrer Katholizität“.

Trotzdem beharrte EKD-Chef Huber anschließend darauf, Benedikt habe mit seinen Worten „nicht der Rückkehr-Ökumene das Wort geredet“ – also einer Einheit der Christen unter katholischem Vorzeichen. Zuvor jedoch hatte er in seiner Rede davon gesprochen, die ökumenische Gesprächslage zwischen den Kirchen werde von manchen gegenwärtig wie ein „stotternder Motor“, wie eine „Erschöpfung der Gemeinsamkeiten“ oder gar wie eine „ökumenische Eiszeit“ empfunden. Zwar seien „die gelebten Gemeinsamkeiten an der Basis der Kirchen und in den Gesprächen auf regionaler Ebene intensiv und stabil“. Sie müssten aber auch Entsprechungen in den theologischen Verständigungsbemühungen und im kirchenleitenden Handeln finden. Etwas verklausuliert beschrieb Huber die Situation als eine „Ökumene der Profile“.

Intern geben protestantische und katholische Spitzenleute ganz offen zu, dass in Deutschland eine Zeit der Rekonfessionalisierung stattfinde – also eine neue Betonung der kirchlichen Unterschiede. In dieses Bild passt auch die Mitteilung des Vatikans, Benedikt XVI. habe für die jungen Wallfahrer nach Köln einen „vollkommenen Ablass zeitlicher Sündenstrafen“ erlassen. Dieser in Aussicht gestellte Rabatt für das Fegefeuer soll offenbar das katholische Profil schärfen – eine Aktion, die nicht nur theologisch fragwürdig ist, sondern auch irritierend auf die evangelische Seite wirken muss. Schließlich entzündete sich an den Missständen beim Ablass und der Zweifelhaftigkeit der ihm zugrunde liegenden Theologie die Reformation Martin Luthers. Auch zu den wirklich relevanten kirchentrennenden Fragen wie dem unterschiedlichen Verständnis von Amt und Abendmahl, der apostolischen Nachfolge oder der Bedeutung von Frauen im geistlichen Amt sowie dem gemeinsamen Abendmahl für konfessionsverschiedene Eheleute herrscht weiter Funkstille – und das wird wohl so bleiben.

Denn der Vatikan steckt seine ökumenischen Fühler zurzeit eher in Richtung der orthodoxen Kirchen aus. So betonte der Kölner Kardinal Joachim Meisner bereits vor dem Treffen, der Papst meine „mit der Einheit der Christen die orthodoxe und die römische Kirche“. Richtig zufrieden war nach der Kölner Zusammenkunft dann auch der griechisch-orthodoxe Metropolit Augustinos. Er sei sehr bewegt von der Begegnung mit dem Papst, erklärte er. Die Orthodoxen hätten „der Ökumene in Deutschland sehr viel zu verdanken“.

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