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Politik: Einheit für einen Tag

Südafrika feiert zehn Jahre Demokratie – und Nelson Mandela. Selbst der Streit unter den Parteien der schwarzen Mehrheit ruht

Von Wolfgang Drechsler,

Kapstadt

Vor genau zehn Jahren, am 27. April 1994, hat die Apartheid in Südafrika endgültig abgedankt. Damals warteten Millionen schwarzer Menschen in kilometerlangen Schlangen ehrfürchtig auf ihre Stimmabgabe. Am Dienstag feierte Südafrika unter strengen Sicherheitsvorkehrungen aber voller Stolz den zehnten Jahrestag seiner jungen Demokratie. Obwohl die Hochstimmung von damals verflogen ist, wurde der Jahrestag auf der Zentralveranstaltung in Pretoria in großem Rahmen zelebriert. Zeitgleich mit den Feierlichkeiten legte auch Thabo Mbeki seinen Amtseid als Staatspräsident für eine zweite und letzte Amtszeit von fünf Jahren ab.

In seiner versöhnlichen Rede erwähnte Mbeki die Fortschritte und Schwierigkeiten, die sein Land seit 1994 erlebt hat. „Die tief verwurzelte und weit verbreitete Armut wirft noch immer einen hässlichen Schatten über unser Land. Solange dies so ist, wird es unmöglich sein, davon zu sprechen, dass unsere schwarzen Mitbürger ihre Würde wiedererlangt haben“, sagte Mbeki.

An den Feiern am Unionsgebäude von Pretoria, dem Amtssitz der südafrikanischen Regierung, nahmen rund 40 000 Zuschauer teil. 3000 geladene Gäste wurden erwartet, darunter Staatschefs, Mitglieder von Königshäusern, Unternehmenschefs und die beiden früheren Präsidenten Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk, denen Südafrika verdankt, dass es nicht, wie in den dunklen Tagen der Apartheid oft prophezeit, in einem blutigen Rassenkrieg versank. Als Nelson Mandela mit seiner Ehefrau Graca über den roten Teppich schritt, erhoben sich Zuschauer und Gäste spontan zu stehenden Ovationen.

Unter den vielen Staatschefs aus Afrika befand sich auch Robert Mugabe aus Simbabwe. Dem 80-jährigen, der sein eigenes Land in den vergangenen zehn Jahren durch die Zerstörung von Wirtschaft und Gesellschaft ruiniert hat, wurde von den überwiegend schwarzen Besuchern der Veranstaltung ebenfalls ein begeisterter Empfang bereitet. Berichten in südafrikanischen Medien zufolge musste Mugabe in einer kleinen Pension absteigen, weil sich zwei Fünf-Sterne-Hotels weigerten, ihn zu beherbergen. Ebenfalls unter den Gästen befanden sich hochrangige Vertreter des Weltfußballverbands Fifa, der am 15. Mai über den Ausrichter der Fußball-WM 2010 entscheidet. Dabei gilt Südafrika als Favorit.

Zur allgemeinen Überraschung verkündete die Zulu-Partei Inkatha am Rande der Feiern, dass sie ihren Protest gegen angebliche Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in der Provinz Kwazulu-Natal zurückziehen werde. Inkatha-Führer Mangosuthu Buthelezi meinte, es sei nie die Absicht seiner Partei gewesen, die Feier zum ersten Jahrzehnt der Demokratie zu verderben. Der regierende ANC hatte in Kwazulu-Natal bei den Wahlen vor zwei Wochen erstmals eine Mehrheit gewonnen und will die Provinz mit zwei kleineren Parteien aber ohne die IFP regieren. Dadurch kontrolliert der ANC, der landesweit fast genau 70 Prozent aller Stimmen erhielt, nun alle neun Provinzen.

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