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Geschafft: US-Außenminister John Kerry konnte die Verhandlungen mit Teheran erfolgreich beenden.

© Brendan Smialowski/AFP

Einigung mit dem Iran: Ein Ergebnis diplomatischer Beharrlichkeit

Das Abkommen mit Teheran über sein Atomprogramm ist trotz aller Wenns und Abers ein ermutigendes Zeichen: Mit diplomatischen Mitteln lassen sich gefährliche Krisen friedlich lösen. Davon kann auch Israel profitieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, hat Lenin einmal gesagt, und auch Barack Obama hält sich an diese Regel. Als er das Atomabkommen mit dem Iran als historischen Durchbruch würdigte, betonte er eines: Die Vereinbarung setze nicht etwa auf Vertrauen, sondern auf strenge Prüfungen.

Tatsächlich scheint der Iran bereit, sich einem Kontrollprogramm zu unterwerfen, wie es noch kein Staat akzeptiert hat – in Teilen soll es 25 Jahre lang greifen. Zu groß war der Druck der Sanktionen und die Furcht Teherans, dass die Gelegenheit nicht wiederkommt, weil der nächste US-Präsident auf eine militärische Lösung setzen könnte.

Während die Menschen in Teheran feierten, verurteilte Israels Premier Benjamin Netanjahu das Abkommen als Bedrohung seines Landes. Dabei soll der Iran so weit abrüsten, dass er künftig weit länger als heute braucht, um waffenfähiges Material herzustellen. In einer Hinsicht ist Netanjahus Skepsis verständlich: Ein Israel feindlich gesonnenes Land verliert seinen Pariah-Status und kann zum Partner des Westens werden. Das Abkommen von Lausanne fragt nicht danach, ob Teheran Syriens Diktator Assad oder die Terrororganisation Hisbollah aufrüstet.

Erfüllt der Iran die Auflagen, fallen die Sanktionen und das Land kann durch Exporte monatlich Milliarden erwirtschaften. Die Hoffnung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der Vertrag möge eine positive Dynamik in der ganzen Region auslösen, hat nur dann eine Chance, wenn Teheran das Geld anstatt zur Aufrüstung von Terrorgruppen in die Modernisierung seiner Wirtschaft und in die junge Generation investiert, die eine Öffnung zum Westen herbeisehnt.

Liefert Teheran vertragsgemäß, wird nicht nur eine existenzielle Bedrohung Israels gebannt. Dann bremst das Abkommen auch den Anreiz für konkurrierende Mächte wie Saudi-Arabien, ein eigenes Atomwaffenprogramm aufzubauen. Die Gefahr eines Rüstungswettlaufs und eines Atomkriegs zwischen Afghanistan und dem Mittelmeer ist dann nicht gebannt, aber gemindert.

Auch über die Region hinaus wäre das von historischer Bedeutung. Von dem Versöhnungsprozess kann ein positives Signal für die weltweiten Bemühungen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen ausgehen. Das Schicksal der Ukraine schien zuletzt zu beweisen, dass der Verzicht auf Atomwaffen schwach macht. Wenn es mit dem Iran aber ein Beispiel dafür gibt, dass ein Land prosperiert, weil es auf die Bombe verzichtet, stärkt das alle Versuche, die Verbreitung von Nuklearwaffen einzudämmen.

Der Weg vom Rahmenvertrag zum fertigen Abkommen und zur nuklearen Selbstentblößung des Iran bleibt allerdings risikoreich. Hindernisse warten in Teheran, wo konservative Kleriker über einen Ausverkauf iranischer Interessen klagen, und auch in Washington, wo Teile der Republikaner Obamas Außenpolitik um jeden Preis torpedieren wollen.

Trotzdem gilt: Die Vereinbarung ist das Ergebnis vor allem europäischer und deutscher Beharrlichkeit, zwölf Jahre lang auch unter widrigsten Umständen einen Interessenausgleich vorangetrieben zu haben. Dass Diplomatie sogar im Ringen um Atomwaffen den Weg zu einer friedlichen Lösung freiräumen kann, bedeutet eine große Ermutigung für den Umgang mit anderen gefährlichen Krisen. Auch der Erfolg manchmal sehr lange auf sich warten lässt.

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