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Politik: Einkommensteuergesetz: Steuererklärung per Postkarte

Die Steuererklärung könnte so einfach sein. Auf einem einzigen Blatt Papier, besser noch auf einer Postkarte teilt der Steuerzahler dem Finanzamt seine Einkünfte mit, zieht die Freibeträge für seine Familienmitglieder ab und das war es.

Die Steuererklärung könnte so einfach sein. Auf einem einzigen Blatt Papier, besser noch auf einer Postkarte teilt der Steuerzahler dem Finanzamt seine Einkünfte mit, zieht die Freibeträge für seine Familienmitglieder ab und das war es. Keine Steuerfreiheit für Putzfrauen, Schulgeld, Sonntagszuschläge, Eigenheime oder Aktiengewinne, dafür wird lediglich das Einkommen besteuert und der Spitzensteuersatz sinkt auf 35 Prozent. Paul Kirchhof, ehemals Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, hat diese Überlegungen zu einem "Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes" ausgearbeitet und am Mittwoch dem Finanzausschuss präsentiert.

"Die Grundidee des Modells wird von allen geteilt", sagte Christine Scheel, Finanzexpertin der Grünen und Vorsitzende des Ausschusses. Alle Steuerpolitiker wünschen sich ein transparentes und einheitliches Steuergesetz. "Aber um diesen Entwurf umzusetzen, brauchen wir einen gesellschaftlichen Konsens über alle Parteigrenzen hinweg", sagte Scheel.

Die CDU könnte mitziehen. Als "wegweisend und überzeugend" hat Fraktionschef Friedrich Merz den "Karlsruher Entwurf" bezeichnet. Merz, der bis zu seiner Berufung als Fraktionschef ebenfalls für Finanzpolitik zuständig war, sieht gar "eine gerechte Belastung aller Einkommensteuerpflichtigen gewährleistet". Er hatte erst Anfang der Woche seine Ideen für eine Steuerreform wieder aufgewärmt, die denen von Kirchhof erstaunlich ähneln. Das mag daran liegen, dass Kirchhof seinen Gesetzentwurf mit einer "Gruppe von Freunden" (Kirchhof) ausgearbeitet hat, zu denen auch Peter Bareis gehört. Bareis hat bereits für den früheren CSU-Finanzminister Theo Waigel ein vereinfachtes Steuerkonzept ausgearbeitet, das dieser sich jedoch nie traute, umzusetzen. Dafür gingen die Ideen von Bareis in den Petersberger Beschlüssen der CDU zur Steuerpolitik ein. Sie wurden jedoch ebenfalls nicht umgesetzt, aber Merz kann sie aus der Opposition heraus leicht noch mal propagieren. Dass er den "Karlsruher Entwurf" umsetzen würde, ist zweifelhaft. Denn die Sozialexperten der Union würden bald den sozialen und vor allem politischen Sprengstoff im Entwurf entdecken, den der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Otto Spiller als eine "erhebliche soziale Schieflage" bezeichnet.

Kirchhof schlägt vor, 70 Prozent der Renten zu besteuern. Arbeitnehmer müssten auf beliebte Vergünstigungen und steuerliche Einkommensquellen verzichten. So soll etwa die Kilometerpauschale wegfallen und Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sollen voll besteuert werden. Auch das Arbeitslosengeld würde der Steuer unterliegen. "Auch diese Arbeitnehmer kommen in den Genuss der erhöhten Freibeträge und niedrigen Steuersätze", entgegnete Kirchhof in der "Frankfurter Rundschau". Auch sie würden schließlich entlastet. Immerhin kann er seinen Steuertarif mit einem Eingangsteuersatz von 15 Prozent und einem Spitzensteuersatz von 35 Prozent ab 70 000 Mark Einkommen zu einem Großteil gegenfinanzieren. Nur rund zwölf Milliarden Mark bleiben der Staatskasse als ungedeckte Lücke.

Doch Kirchhof war schon als Verfassungsrichter ein Freund der Familien. Und so hat er in seinem Konzept als sozialen Ausgleich für Familien ein Kindergeld von monatlich 470 Mark pro Kind untergebracht (41,5 Milliarden Mark) und die Steuerbefreiung der privaten Altersvorsorge (16,6 Milliarden Mark). So kostet das vereinfachte Einkommensteuersystem rund 70 Milliarden Mark mehr.

Ulrike Fokken

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