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Ordnung schaffen soll die Bundespolizei, auf Bitten der Länder. Deshalb seien sie verantwortlich, meint der Bund. Foto: Swen Pförtner/dpa

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Einsätze der Bundespolizei: Karlsruhe prüft Auskunftsrechte

Ob Demos, Castortransporte oder Parteitage: Wenn es brenzlig wird, kommt die Bundespolizei ihren Länderkollegen zur Hilfe. Die Verfassungsrichter beraten, wer über diese Einsätze Rechenschaft ablegen muss.

Mit Pegida und Legida ist das Thema in die öffentliche Debatte gekommen: Wer schützt und sichert das Recht, zu demonstrieren, wenn die örtliche Polizei überfordert ist? Oft ist es die Bundespolizei, nach der auch bei den Dresdner Versammlungen gerufen wurde. Wie und von wem solche Einsätze jedoch später kontrolliert werden können, ist unklar. Diese Frage prüft seit Dienstag das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es geht dabei nicht nur um bürokratische Fragen, wie die Verhandlung des Zweiten Senats zeigte. Die Präsenz der hochgerüsteten Einsatzkräfte kann auch das Demonstrationsrecht als solches berühren, befanden die Bundesverfassungsrichter.

Das Urteil wird in etwa drei Monaten erwartet

Zuständig für die Entsendung der Beamten „zur Unterstützung eines Landes“, wie es im Gesetz heißt, ist der Bund. Er sieht sich bislang aber nicht in der Pflicht, Parlamentariern nähere Auskünfte über die Einsätze zu erteilen. Dagegen klagt die Linksfraktion. Das Urteil wird in etwa drei Monaten erwartet.

Abgeordnete der Linken sehen ihr Informations- und Kontrollrecht verletzt. Im Jahr 2011 gab es beispielsweise einen Einsatz der Bundespolizei in Dresden. Dort wollten Rechtsextreme am Tag der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg aufmarschieren, gleichzeitig fand eine Gegendemonstration mit etwa 20 000 Teilnehmern statt. Die sächsische Polizei wurde nicht nur von Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern unterstützt, sondern auch von der Bundespolizei. Am 1. Mai 2011 wurde auch in Berlin wegen der zu erwartenden Krawalle Bundespolizei angefordert, sie stellte sogar 30 Prozent der Einsatzkräfte. Ähnlich war das Vorgehen am 1. Mai in Düsseldorf und Heilbronn.

Linke stellten mehrere Anfragen an die Bundesregierung

Abgeordnete der Linksfraktion stellten deshalb mehrere Anfragen an die Bundesregierung. Die Antworten wurden teilweise verweigert. Für die konkreten Polizeieinsätze seien die Länder verantwortlich, die um Hilfe nachgesucht hätten, nicht der Bund. Diese Auffassung wiederholte das Bundesinnenministerium jetzt auch in Karlsruhe. Denn auch wenn der Bund seine Polizei losschicke, unterstehe sie während des Einsatzes den Ländern. Die jeweilige Regierung sei folglich verantwortlich, Anfragen seien in den Länderparlamenten zu stellen. Eine Verschiebung, die die Linken nicht akzeptieren wollen.

Die Verhandlung in Karlsruhe verlief zweigeteilt

Die Verhandlung in Karlsruhe verlief zweigeteilt. Etwa die Hälfte der Karlsruher Verfassungsrichter folgte der Bundesregierung darin, dass über das „Wie“ eines Einsatzes vor Ort entschieden werde. Wie Beamte der Bundespolizei verwendet werden, müssten folglich die Landesregierungen verantworten. „Ob“ der Bund jedoch seine Polizei in die Länder schicke und aus welchen Gründen er das tue, müsse die Bundesregierung wohl schon beantworten. Andernfalls, so Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle, gebe es eine „Kontrolllücke“.

Eine Lücke, die im Grundgesetz nicht angelegt ist. Denn als Lehre aus der Nazi-Diktatur sind Polizeieinsätze in Deutschland Ländersache. Die Verstärkung durch die Bundespolizei ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Voraussetzung ist nach Artikel 35 Grundgesetz, dass die Landespolizei ohne diese Unterstützung ihre Aufgabe „nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte“. Die Bundesregierung könnte künftig rechenschaftspflichtig sein, wieso sie solch eine Ausnahme für gegeben hielt.

Das Fragerecht ist in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt

In den vergangenen Jahren ist das Fragerecht des Parlaments zunehmend umstritten. Die Anfragen häufen sich, ebenso die Fälle vor Gericht. Zuletzt war es in Karlsruhe um Auskünfte zu Rüstungsexporten gegangen. Das Fragerecht ist in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt. Das Bundesverfassungsgericht leitet es aus der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive ab: „Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung kann das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben“.

Schrankenlos gilt das Fragerecht allerdings nicht. Begrenzt wird es zum einen, wie jetzt im Streitfall, durch die Zuständigkeit der Bundesregierung. Zum anderen durch das Prinzip der Gewaltenteilung: „Die Zweige der Staatsgewalt sind aufeinander bezogen und miteinander verschränkt, dürfen aber ihrer jeweiligen Eigenheit und ihrer spezifischen Aufgaben und Zuständigkeiten nicht beraubt werden“, urteilten die Richter bereits.

Zu diesen Eigenheiten zählten sie etwa den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“, der auch für Abgeordnete nicht ausforschbar sein soll. Gemeint sind damit die Prozesse der Willensbildung im Kabinett und den Ressorts der Regierung. Es soll kein „Mitregieren Dritter“ bei Entscheidungen geben, die allein in die Kompetenz der Regierung fallen.

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