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SPD-Chef Sigmar Gabriel aus dem Bundesparteitag in Leipzig

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Einstimmung auf große Koalition: Gabriel fordert – und Merkel gibt nach

Bundeskanzlerin Angela Merkel akzeptiert offenbar die SPD-Pläne für Mindestlohn und doppelte Staatsbürgerschaft. Linken-Chef Bernd Riexinger meint dennoch: "Niemand sollte darauf wetten, dass diese Zweckehe vier Jahre hält."

Von
  • Hans Monath
  • Matthias Meisner
  • Antje Sirleschtov

Zum Ende ihres teils turbulent verlaufenen Parteitags hat die SPD von der Union eindringlich mehr Zugeständnisse in den Koalitionsverhandlungen gefordert. „Jetzt müsst ihr liefern, liebe Leute von der Union, jetzt müsst ihr liefern“, rief Parteichef Sigmar Gabriel am Sonnabend in einer Rede auf dem Leipziger Parteitag. „Wir sind nicht zum Nulltarif zu haben“, erklärte er unter dem Beifall der 600 Delegierten. Als Mindestbedingung für eine große Koalition nannte der Parteichef einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro und ein Ende des Optionszwangs. „Ich werde der SPD keinen Koalitionsvertrag vorlegen, in dem die doppelte Staatsbürgerschaft nicht drin ist“, versprach er.

Die Parteibasis hatte ihren Unmut über den eingeschlagenen Weg hinein in eine erneute Juniorpartnerschaft unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zuvor mit schlechten Wahlergebnissen für fast die gesamte Parteiführung deutlich gemacht. Gabriel warf der Union vor, sie habe seine Partei durch das Verweigern konkreter Verhandlungserfolge „ohne jedes Ergebnis“ in deren Parteitag geschickt. Mit einem kämpferischen Auftritt versuchte Gabriel, die schlechte Stimmung unter den Delegierten zu wenden, die er zur Werbung für das angekündigte Mitgliedervotum nutzte. Wenn die Parteiführung am Ende einen Koalitionsvertrag akzeptiere, „dann müsst ihr kämpfen vor Ort, dann dürft ihr nicht zweifeln, dass wir das schaffen“, forderte er.

Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Erfurt
Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Erfurt

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Die Union signalisierte, dass sie der SPD in zentralen Fragen entgegenkommen will. Merkel stimmte die Union am Freitagabend auf den flächendeckenden Mindestlohn ein. „Ich sage ganz ehrlich, die 8,50 Euro werden eine Rolle spielen“, sagte die CDU-Chefin auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Erfurt: „Es wird nicht unser Mindestlohnkonzept sein.“ CDU und CSU würden hart für ihre Positionen kämpfen, müssten aber auch Kompromisse eingehen; „Es hat keinen Sinn, wenn wir uns Illusionen hingeben.“ Auf die Forderungen von JU-Delegierten, die Union dürfe bei der doppelten Staatsbürgerschaft oder dem Mindestlohn nicht nachgeben, sagte Merkel: „Ich verstehe Ihre Sorgen. Aber ich bin im Augenblick mehr damit beschäftigt, Dinge zusammenzuführen. Denn wir wollen regieren.“

CDU-Vize Laschet: Bundestagswahl war keine Entscheidung für einen Politikwechsel

Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende und Vize-Parteichef Armin Laschet bekräftigte hingegen seine Ablehnung eines flächendeckenden Mindestlohns. Zwar sei auch die Union an einem Mindestlohn interessiert, die Forderungen der SPD jedoch seien „ein Fehler“, sagte er dem Tagesspiegel. Vor allem die Einführung des Mindestlohnes von 8,50 Euro in Ostdeutschland könne dort die Arbeitslosigkeit erhöhen. Zugleich warnte Laschet die SPD vor überzogenen Forderungen. Die Union habe fast eine absolute Mehrheit erreicht, sagte er: „Das war keine Entscheidung für einen Politikwechsel.“ Er fügte hinzu: „Auch wir haben eine Basis, und wir müssen dieser Basis am Ende auch erklären, wie der Koalitionsvertrag mit dem Wahlergebnis übereinstimmt.“ Kritisch äußerte sich der CDU-Politiker auch zum Beschluss des SPD-Parteitags, 2017 eine Koalition mit der Linkspartei nicht mehr grundsätzlich auszuschießen. „Das ist jedenfalls keine vertrauensbildende Maßnahme“, sagte er.

Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger bezeichnete die Strategie der SPD gegenüber seiner Partei als „bestenfalls wirr“. Seit Sommer 2012 signalisiere die Linke Gesprächsbereitschaft, „aber die SPD stellt sich bockig“, sagte er dem Tagesspiegel. Es wäre nun „höchste Zeit, sich wirklich von Vorsitzenden zu Vorsitzenden ernsthaft zu unterhalten“. Unter Hinweis auf die geplante große Koalition sagte er: „Niemand sollte darauf wetten, dass diese Zweckehe vier Jahre hält. Wir können nicht erst anfangen zu reden, wenn der Laden hochgeht.“ (mit dpa)

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