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Als Elfter der Landesliste zog Alexander Morlang in das Abgeordnetenhaus ein. Er ist Mitglied im Chaos Computer Club.

© Berthold Stadler / Piratenfraktion

"Einzelfälle"-Blog: Piraten sammeln Beschimpfungen

Als "Ex-Fickse" hat Alexander Morlang, Pirat im Berliner Abgeordnetenhaus, eine Piratin auf Twitter bezeichnet. Vorfälle wie dieser werden seit kurzem auf einem Blog gesammelt.

Anderthalb Wochen vor dem Bundesparteitag Ende April in Neumünster sind die Piraten mit dem Versuch gescheitert, den als Nazi-Sympathisanten kritisierten Bodo Thiesen auszuschließen. Die Piraten werden die Rechten nicht los, vor dieser Botschaft fürchtet sich die Partei. Mehrmals waren in den vergangenen Monaten Piraten durch rassistische oder antisemitische Äußerungen aufgefallen. Intern wird gestritten, ob es sich um Einzelfälle handelt, oder ob die Partei ein grundsätzliches Problem hat.

Seit kurzem werden auf einem Blog entsprechende Vorfälle, Tweets, Chatbeiträge oder Mails gemeldet - nicht nur rassistische, sondern auch als chauvinistisch kritisierte Zitate. Auch wenn man nicht mit letzter Sicherheit sagen kann, dass jede Äußerung tatsächlich von einem Piraten stammt, ist eine anschauliche Sammlung zusammengekommen. Vor allem viele chauvinistische Zitate, etwa jenes, in dem Emma-Journalistinnen als „Trockenpflaumen“ bezeichnet werden. Auf dem Blog taucht auch eine Äußerung von Alexander Morlang auf, der für die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Er hatte die Exfreundin eines Parteikollegen auf Twitter eine „Ex-Fickse“ genannt.

Am Dienstag sagte Morlang, er habe nur eine rein sexuelle Partnerschaft in einem Netzwerk polyamouröser Beziehungen beschreiben wollen und dies nicht beleidigend gemeint. Schließlich habe eine Frau, die „viel Sex mit unterschiedlichen Männern“ habe, „auf jeden Fall mehr Lebensfreude“. Dennoch würde er den Begriff nicht noch einmal verwenden. Die betroffene Piratin sagte dem Tagesspiegel, sie empfinde den Ausdruck durchaus als beleidigend und wolle so nicht tituliert werden. Als Morlang sie am Dienstag um Entschuldigung gebeten habe, habe sie diese aber angenommen.

Sehen Sie hier, mit welchen Parteikollegen zusammen Morlang die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus vertritt:

Vor dem Parteitag stellt sich für die Piraten auch die Frage, wie sie künftig mit ihrem Führungspersonal umgehen wollen. Am Montag gab ein weiterer Spitzenpirat auf: Schatzmeister Rene Brosig will nicht mehr wieder kandidieren. Er sei überlastet und permanent angespannt, ein Zustand, in dem er so nicht länger leben wolle, sagte er. Brosigs Rückzug macht einmal mehr deutlich, dass die Piraten eine Professionalisierungsdebatte zu bewältigen haben – und ein Geldproblem. Die Partei ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen, viel stärker als ihre Strukturen. Der Vorstand arbeitet mit minimaler Unterstützung durch angestellte Kräfte und selbst komplett ehrenamtlich. Ob Vorstände bezahlt werden sollten und die Partei mehr Angestellte braucht, ist parteiintern umstritten.

Derzeit würde dafür aber auch das Geld fehlen. Wegen ihres sehr niedrigen Mitgliedsbeitrag von 36 Euro jährlich können die Piraten die ihnen aus der staatlichen Parteienfinanzierung zustehenden Mittel nicht voll ausschöpfen. Im Blick auf ihre bisherigen Wahlergebnisse stünden der Partei bis zu 1,5 Millionen Euro zu, sie habe aber nur knapp 700 000 Euro ausschöpfen können, sagt Brosig. Denn der Staat legt nicht mehr drauf als das, was eine Partei selbst erwirtschaftet. Für Neumünster gibt es mehrere Anträge, den Mitgliedsbeitrag zu erhöhen. Parteichef Nerz sagt, er könne nicht abschätzen, ob sich dafür eine Mehrheit finden werde.

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