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Politik: Eisige Stimmung zwischen Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen

Vor fünf Jahren waren sich Rote und Grüne einig. Johannes Rau und Barbara Steffens präsentierten den Koalitionsvertrag, der amtierende Ministerpräsident und die grüne Landeschefin hatten soeben ihre Namen unter das 198-seitige Werk gesetzt.

Vor fünf Jahren waren sich Rote und Grüne einig. Johannes Rau und Barbara Steffens präsentierten den Koalitionsvertrag, der amtierende Ministerpräsident und die grüne Landeschefin hatten soeben ihre Namen unter das 198-seitige Werk gesetzt. Auf Seite 54 versprachen sich die Partner, das Verbandsklagerecht einzuführen. Genau dieser Punkt bringt Rot-Grün jetzt wieder an den Rand einer handfesten Koalitionskrise.

Die Stimmung ist eisig. Als sich Regierungschef Wolfgang Clement am Montag mit den Grünen traf, sah es noch nicht nach einem Kompromiss aus. Die Grünen hatten - eher zufällig - entdeckt, dass sie über die Verbandsklage fast alle laufenden Braunkohletagebaue auf den Prüfstand stellen können. Und diesen Erfolg wollten sie sich so kurz vor der Wahl nicht nehmen lassen.

Im Kleingedruckten des Koalitionsvertrages hat das Tagebauunternehmen Rheinbraun jetzt entscheidende Fußangeln entdeckt. "Das können wir so nicht hinnehmen", haben Vorstandsmitglieder nach Düsseldorf gekabelt, "sonst können uns die Verbände lahm legen." Ursprünglich hatte der Gesetzentwurf vorgesehen, dass die laufenden Verfahren für die Verbände tabu sind; die existierenden Tagebaue hätten also weiterbetrieben werden können. "Auf Wunsch des Wirtschaftsministeriums ist die Passage gestrichen worden", triumphierte Umweltministerin Bärbel Höhn jetzt. "Da hat jemand geschlafen", gibt ein sozialdemokratisches Regierungsmitglied zu. Der Hinweis auf die Juristen im Hause des neuen Wirtschafsministers Ernst Schwanhold ist zwar richtig, aber die hatten nicht für die Streichung der Passage plädiert, sondern für eine präzisere Fassung.

"Das ist mir alles egal, wir müssen das wieder ändern", hat Clement als Parole ausgegeben. Natürlich kann der Regierungschef kurz vor der Wahl keinen Ärger mit den Kohlekumpeln brauchen. Die Grünen hatten sich schon über das unverhoffte Geschenk der Genossen gefreut; stehen sie doch bei den Umweltfreunden unter dem Verdacht, allzu oft umgefallen zu sein. Viel Zeit für die Kompromisssuche bleibt nicht mehr, möglicherweise wird der Gesetzentwurf schon am Mittwoch im Landtag beraten. Da beide Seiten die Koalition jetzt nicht mehr beenden wollen, schwirren viele Gerüchte durch den Landtag. Den Genossen ist dabei eines klar: Der Partner wird nur zustimmen, wenn man ihm anderswo entgegenkommt. Die Grünen lassen sich Zeit, denn sie wissen: Die Preise steigen täglich.

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