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Politik: EKD beschließt neues kirchliches Arbeitsrecht

Der Konflikt ist damit aber nicht beendet – die Gewerkschaften fordern weiter ein Ende des Streikverbots.

Berlin - Seit Jahren streiten die Kirchen und die Gewerkschaften erbittert um das kirchliche Arbeitsrecht. Jetzt hat sich die evangelische Kirche für die Argumente der Gegenseite geöffnet und auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Düsseldorf ein neues Kirchengesetz verabschiedet. Für die 650 000 Mitarbeiter der evangelischen Kirche und der Diakonie gilt seit Mittwoch ein neues Arbeitsrecht.

Bislang wurden in den Kirchen die Löhne auf dem sogenannten dritten Weg vereinbart: Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigten sich in paritätisch besetzten Kommissionen. Künftig ist auch das Tarifvertragsrecht erlaubt, der sogenannte zweite Weg. Hier handeln die kirchlichen Arbeitgeber Löhne und Gehälter mit den Gewerkschaften aus. Den Gewerkschaften soll künftig auch die Betätigung in kirchlichen Einrichtungen erleichtert werden. Allerdings hält die Kirche weiterhin am Konsensprinzip fest, Arbeitskämpfe sind also nicht erlaubt. In den Landeskirchen Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz und in Norddeutschland gilt das Tarifvertragsrecht bereits seit einigen Jahren. Für Pfarrer und Kirchenjuristen gilt das Beamtenrecht, der erste Weg.

Die Öffnung des kirchlichen Arbeitsrechts wurde nötig, nachdem das Bundesarbeitsgericht in Erfurt vor einem Jahr den dritten Weg zwar grundsätzlich bestätigt, aber mehr Rechte für die Gewerkschaften und die Stärkung der Arbeitnehmerrechte angemahnt hatte. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte Johannes Stockmeier, Präsident der Diakonie Deutschland. Das sieht die Gewerkschaft Verdi anders. „Wir haben massive Vorbehalte gegen das neue Arbeitsrecht“, sagte Sprecher Jan Jurczyk. „Solange Kirchenmitarbeiter nicht streiken dürfen, verhandeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht auf Augenhöhe und es läuft letztlich auf ein Diktat hinaus.“ Die Kirche gehe davon aus, dass es einen konfliktfreien Umgang zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geben kann. „Das mag für den Bereich der Verkündigung gelten, ansonsten geht es in kirchlichen Einrichtungen so konfliktträchtig zu wie anderswo auch“, sagte Jurczyk.

Die Kirchen berufen sich beim Streikverbot auf ihr grundgesetzlich garantiertes Selbstbestimmungsrecht. Das hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vor einem Jahr bestätigt. Verdi hält das für verfassungswidrig und hat Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil eingelegt. „Das Streikrecht ist ein zentrales Recht. Das darf nicht davon abhängen, ob es die Kirchen gewähren oder nicht“, sagte Jurczyk. Ob die Verfassungsbeschwerde angenommen wird, ist noch nicht entschieden.

„Solange die Kirche am Streikverbot festhält, bleibt das kirchliche Arbeitsrecht unzureichend“, monierte auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Raju Sharma. Kritik kam auch aus der Kirche: „Grundrechte von Mitarbeitenden und von abhängig Beschäftigten sind unteilbar“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete und EKD-Synodale Kerstin Griese. Um die kirchliche Arbeitswelt glaubwürdig zu gestalten, sei ein Streikverbot unnötig. In einem großen Teil der Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Altenheime gehöre die Mehrheit der Mitarbeiter keiner Kirche an. Griese bezweifelt, ob unter solchen Bedingungen die theologische Begründung einer „Dienstgemeinschaft“ und des daraus resultierenden Streikverbots noch angemessen sei. Kirchen und Gewerkschaften sollten an einem Strang ziehen, statt gegeneinander zu kämpfen. Claudia Keller

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