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Politik: Eklat im Bundesrat: Nach dem Krach nun die Reform?

Nach der Kritik am Verfahren hat die Grundsatzkritik nicht lange auf sich warten lassen: Führende Wirtschaftsvertreter sind der Ansicht, Debatte und Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz hätten einmal mehr deutlich gemacht, dass die Länderkammer zu viel Macht habe und eine Reform nötig sei. So der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, in der "Frankfurter Allgemeinen".

Nach der Kritik am Verfahren hat die Grundsatzkritik nicht lange auf sich warten lassen: Führende Wirtschaftsvertreter sind der Ansicht, Debatte und Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz hätten einmal mehr deutlich gemacht, dass die Länderkammer zu viel Macht habe und eine Reform nötig sei. So der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, in der "Frankfurter Allgemeinen". Die Wirtschaft beklagt seit langem, dass die deutsche Variante des Zwei-Kammer-Parlaments zu Blockaden führe und die Aufgabenverteilung im föderalistischen System veränderungswürdig sei. Das kategorische Nein der SPD-Länder zur Steuerreform der Kohl-Regierung von 1997 ist so gut in Erinnerung wie die Durchsetzung der gar nicht unähnlichen rot-grünen Steuerreform im Jahr 2000 erst durch massiven Druck auf die großen Koalitionen in Berlin und Brandenburg durch die Schröder-Regierung. "Wenig effizient und zum Nachteil des Staates", sagt Rogowski über den Föderalismus. Die Bundesregierung müsse wieder in die Lage kommen, ihre Initiativen weitgehend durchsetzen zu können.

Zum Thema Online Spezial: Streit um die Zuwanderung Schwerpunkt: Der Eklat im Bundesrat und die Folgen Fotostrecke: Tumult in der Länderkammer Umfrage: Soll Rau das Gesetz unterschreiben? Gerade beim Zuwanderungsgesetz hatte das langwierige Verfahren für Unmut gesorgt. Nicht nur bei der Wirtschaft, die mit Rücksicht auf den Parteienstreit auf eigene Forderungen verzichtet hatte, wie die Regelung der Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt über die regionalen Arbeitsämter. Auch Kirchen und Gewerkschaften hatten das Gesetz gutgeheißen und auf schnelle Entscheidung gedrängt.

Doch hat derzeit eben keine Partei eine Mehrheit im Bundesrat. Beide "Lager" haben 31 Stimmen; die Mehrheit liegt bei 35 Stimmen. Auch in den siebziger Jahren und den letzten Jahren der Koalition von Union und FDP unter Helmut Kohl hatte die Bundesregierung keine Mehrheit in der Länderkammer. Das nutzt die Opposition. Auch damals schon wurden Forderungen nach weniger Mitwirkung der Länder laut. Und seither ist durch die Zunahme der Koalitionsmöglichkeiten die Lage im Bundesrat nicht übersichtlicher geworden. Mussten die Kanzler bis Helmut Schmidt allenfalls mit der FDP kalkulieren, sind seither die Grünen und die PDS dazugekommen.

Unabhängig vom konkreten Fall des Zuwanderungsgesetzes sind Kritiker und Kritisierte aber nicht weit auseinander. Zwar wies etwa Baden-Württemberg die Äußerungen von Rogowski zurück. Der Sprecher von Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU), Veit Steinle, warnte davor, "das Verfahren bei der Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz zum Anlass einer Pauschalkritik an der Mitwirkung der Länder zu nehmen". Die Beteiligung der Länder an der Bundesgesetzgebung habe sich bewährt, für Streitfälle gebe es das Vermittlungsverfahren.

Doch sind Baden-Württemberg und zumindest die größeren Bundesländer für eine Reform offen. Den Kern des Problems aus Ländersicht nennt Steinle: "Bedauerlicherweise hat der Bund in den vergangenen Jahren immer mehr Gesetzgebungszuständigkeiten an sich gezogen. Zwangsläufig ist dadurch die Bedeutung der Mitwirkung der Länder gewachsen." Daher sollten, so die meisten Ministerpräsidenten, Zuständigkeiten entkoppelt werden, die Länder wieder mehr selbst gestalten. Bund und Länder haben vereinbart, die Föderalismusreform solle ein Hauptanliegen der nächsten Legislaturperiode sein. Da aber der Grundsatz des Zwei-Kammer-Parlaments nicht in Frage steht, wird der Bundesrat immer darauf pochen, dass er bei wichtigen Gesetzen des Bundes seine Mitwirkung behält. Das ist, abseits aller Zwistigkeiten, die Meinung in allen Staatskanzleien.

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